dimanche 8 mars 2015

Mutmaßlicher Islamist Marcel S.: "Jihadi Johns" deutscher Kumpel


Berlin - Dass Marcel S. im Herbst 2013 am Frankfurter Flughafen besonders kontrolliert wurde, dürfte nicht zufällig passiert sein. Die deutschen Sicherheitsbehörden hatten ihn bereits seit Jahren als mutmaßlichen radikalen Islamisten auf dem Schirm. Nun kam er gerade von einer Ägypten-Reise zurück; mit einer Maschine aus Kairo.


Die Beamten gingen gründlich vor. Sie prüften nicht nur seine Identität, sondern durchsuchten ihn auch. Fündig wurden sie im Futter seiner Jacke: Dort eingenäht waren ein gefälschter französischer Führerschein und ein gefälschter französischer Personalausweis. In beiden war ein Lichtbild von ihm, jedoch waren sie auf einen anderen Namen ausgestellt: Simon D.

Ein mutmaßlicher deutscher Islamist mit gefälschten Papieren, das schien ins Bild zu passen. Viel spricht allerdings dafür, dass die Beamten damals keine Ahnung hatten, welch brisante Kontakte der Mann pflegte.


Inzwischen aber haben die Behörden nach gemeinsamen Recherchen des SPIEGEL und der britischen Zeitung "Mail on Sunday" nachvollzogen, dass Marcel S. wohl ein Weggefährte des berüchtigten britischen Islamisten mit dem Beinamen "Jihadi John" ist.


Mohammed Emwazi, wie "Jihadi John" mit bürgerlichem Namen nach britischen Angaben heißt, hat weltweit traurige Bekanntheit erlangt. Mehreren westlichen Geiseln hat er für Propagandafilme der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) vor laufender Kamera den Kopf abgeschnitten.


Diesen Henker des IS kannte offenbar auch Marcel S. besser, so heißt es in Sicherheitskreisen. 2009 wurden demnach Emwazi, Marcel S. und ein weiterer Mann nach der Landung mit einer Maschine der niederländischen Fluggesellschaft KLM bei der Einreise nach Tansania festgenommen.


Die Behörden wähnten sie auf dem Weg nach Somalia, zur Terrormiliz al-Schabab. Sie registrierten den Namen von Marcel S., seine Reisepassnummer und den Beruf, den er angegeben hatte: Übersetzer.


Kurze Zeit später wurde das verhinderte Reisetrio nach Großbritannien abgeschoben. 2010 kehrte Marcel S. nach Deutschland zurück. Spätestens dann dürften sich die deutschen Sicherheitsbehörden für ihn interessiert haben - viel spricht allerdings dafür, dass dies bereits zuvor der Fall war.


Schon im Jahr 2009 hatte Frankreich Marcel S. zur verdeckten Fahndung im gesamten Schengen-Raum ausgeschrieben. Auch das Interesse britischer Dienste dürfte er geweckt haben. Den deutschen Behörden galt er als einer der wenigen Islamisten aus der Bundesrepublik, die intensive Kontakte zu britischen Sympathisanten der somalischen Terrormiliz al-Schabab pflegten.


Keine Gewalttaten von Marcel S. bekannt


In Deutschland verkehrte er angeblich mit Mitgliedern der Solinger Islamisten-Gruppe "Milatu Ibrahim", einem inzwischen verbotenen Verein. Diese Gruppe hat mehrere mittlerweile bekannte Dschihadisten hervorgebracht.


Dazu gehört etwa Robert B., der 2011 bei der Einreise nach Großbritannien mit einer Bombenbauanleitung im Gepäck aufgegriffen wurde. Im Januar 2014 soll er sich bei einem Selbstmordanschlag in Syrien in die Luft gesprengt und dabei zahlreiche Menschen getötet haben. Und dazu gehört auch Denis Cuspert, der sich früher Deso Dogg nannte und sich als Gangster-Rapper versuchte. Inzwischen gibt es Videos von Cuspert, in denen er sich zur Terrormiliz "Islamischer Staat" bekennt. Und es gibt Filme, in denen er abgeschlagene Köpfe in der Hand hält.


Marcel S. dagegen fiel nicht durch solche Gräueltaten auf. Als er 2013 am Frankfurter Flughafen mit den gefälschten Papieren erwischt worden war, hatte er allerdings eine bizarre Erklärung für die Ermittler: Er habe die Papiere für 150 US-Dollar in Kairo gekauft, sich aber dann entschlossen, sie nicht zu verwenden. Unter anderem deswegen habe er sich den Bart abrasiert, den er auf den Fotos trug.


Im Herbst 2014 wurde er dennoch wegen Urkundenfälschung zu einer Haftstrafe von fünf Monaten mit Bewährung verurteilt. Die Justiz hatte es mit einem Mann ohne Vorstrafen zu tun.


Konfrontation auf dem Hausflur


Bis vergangene Woche, knapp sechs Monate nach der Verurteilung, hat er offenbar kein einziges Mal gegen seine Bewährungsauflagen verstoßen. Seine Eltern sagten vergangene Woche, er habe sich inzwischen von der islamistischen Szene abgewandt und gehe einer geregelten Arbeit nach.


Der in Düsseldorf lebende Marcel S. selbst wollte sich Ende vergangener Woche nicht zu seinen Kontakten zu "Jihadi John" bekennen. Der hochgewachsene Mann kam bei Einbruch der Dunkelheit mit einem Computer nach Hause. "Jihadi John?", fragte er. "Nein."

Eine Reise mit dem heutigen Henker des IS nach Tansania? "Nein. Da wissen Sie mehr als ich." Seit 2009, so sagte er noch, sei er nicht mehr in Großbritannien gewesen. Er sei schon lange nicht mehr in der Szene: "Ich habe mit dem ganzen Zeug nichts mehr zu tun."


Dann nannte er den SPIEGEL ein "Drecksblatt" und holte zwei kräftige Männer aus einer anderen Wohnung seines Wohnhauses. Es seien Penner bei ihm auf dem Flur, sagte er ihnen.






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