mardi 31 mars 2015

Gauweilers Abgang: Der Spitzenstreiter


Peter Gauweiler redete sich am Pult des Bundestags gern in Rage, vor allem über die EU-Krisenpolitik grantelte er wie kein anderer. In einer Euro-Debatte 2012 griff er Angela Merkel an - und kritisierte deren Ideal einer politischen Gemeinschaft Europas. Gauweiler zweifelte, "ob ein solcher den ganzen Erdteil umfassender Großstaat erstrebenswert ist". Anschließend stimmte er gegen den europäischen Fiskalpakt.


Der Widerstand gegen den Kurs zur Eurorettung zieht sich durch Gauweilers letzte Jahre als Abgeordneter im Bundestag: Egal ob Hilfspakete für Griechenland, Spanien oder Portugal, ob ESFS oder ESM, keine einzige Entscheidung im Parlament trug er mit, mehrfach legte er Verfassungsklage ein.

Die konsequente Weigerung, den Kurs der Bundesregierung zu stützen, machte den 65-Jährigen zu einem der bekanntesten Parlamentarier Deutschlands. Jetzt gibt Gauweiler aus Protest gegen die Euro-Politik sein Amt als CSU-Vizechef auf, auch sein Bundestagsmandat legt er nieder.


In der CSU-Landesgruppe dürfte Gauweilers Abgang nicht allzu viele Tränen auslösen. An Sitzungen nahm er selten teil, politisch gilt er als schlau, aber unbequem. Zwar bemüht man sich öffentlich um freundliche Abschiedsworte, wie etwa die CSU-Abgeordnete Dorothee Bär:







Doch Gauweiler war ein Unikum in seiner Fraktion, er provozierte regelmäßig - und nervte damit oft seine Parteifreunde und die Kollegen aus der Schwesterpartei CDU.


Der frühere Vertraute von Franz Josef Strauß, dem Übervater der CSU, wurde erst 2002 Abgeordneter des Bundestags, also sehr spät in seiner Laufbahn. Berührungsängste mit der politischen Konkurrenz hatte Gauweiler nie. Ob der rechten "Jungen Freiheit", der linken "taz" oder der linksradikalen "Jungen Welt" - er gab Interviews, wie es ihm passte. Und er diskutierte mit Linken wie Gregor Gysi, als seine CSU davon noch nichts wissen wollte.


In seinen ersten Stunden als Abgeordneter in Berlin sah man ihn angeregt mit der bayerischen Grünen Christine Scheel plaudern. Beide kannten sich, Gauweiler war in den neunziger Jahren Umweltminister im Freistaat. Auch wenn die Politiker zwei gegensätzlichen Lagern angehörten - die gegenseitige Wertschätzung war deutlich.


Spektakulärer Coup vor dem Irak-Krieg


Gauweiler blieb in der Landesgruppe ein Einzelgänger, viele spürten, dass sie gegen den wortgewandten Anwalt schon rhetorisch nicht ankamen. Hinzu kam, dass er sein Mandat - abgesichert durch eine gut gehende Anwaltskanzlei in München - mit großer Freiheit ausfüllte. Gauweiler war der Dauer-Kritiker der CSU im Parlament.


Zusammen mit dem CDU-Abgeordneten Willy Wimmer stimmte er gegen die Afghanistan-Einsätze der Bundeswehr. Beide reisten zudem wenige Wochen vor dem Krieg der USA und ihrer Alliierten gegen Saddam Husseins Irak nach Bagdad und suchten die dortige christliche Gemeinde auf. Es war ein spektakulärer Coup.


Als 2007 deutsche Tornados als Aufklärungsflugzeuge über dem Hindukusch eingesetzt wurden, reichten Gauweiler und Wimmer Verfassungsklage ein und begründeten sie mit der Sorge, die Bundeswehr würde in die "völkerrechtwidrige Kriegsführung der USA" hineingezogen. Manche in der Union hielten ihm hinter vorgehaltener Hand "Antiamerikanismus" vor.


Aus dem Anecken machte Gauweiler ein Prinzip, zog daraus auch Genuss. So setzte er sich für Egon Krenz, den früheren DDR-Staatsratsvorsitzenden und SED-Generalsekretär, ein: Als der wegen der Toten an der Mauer ins Gefängnis musste, plädierte Gauweiler im SPIEGEL für eine Amnestie. Für einen Konservativen ist das ein Tabubruch.


Öffentliche Kritik an seinen Fehlzeiten im Bundestag oder an üppigen Nebeneinkünften ließ er an sich abperlen. Nach einer Datenanalyse von SPIEGEL ONLINE nahm Gauweiler zuletzt an nicht einmal der Hälfte aller namentlichen Abstimmungen teil. Und Ende vergangenen Jahres stellte er einen Rekord auf: Laut SPIEGEL-ONLINE-Analyse verdiente er neben seinem Mandat mehr als eine Million Euro.

Einhegen konnte man den CSU-Mann nur selten. Vor einigen Monaten wollte Gauweiler auf die von Russland annektierte Krim reisen. Der Bundesregierung hatte er zuvor "gefährliche Kraftmeierei" in der Russland-Politik vorgeworfen, der Besuch wäre ein Affront gewesen.


Am Ende durfte Gauweiler nicht fahren: Bundestagspräsident Norbert Lammert untersagte ihm den Trip.




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