Nach Gaza-Kämpfern, Taliban und al-Qaida hat der selbsternannte Nahostexperte nun den IS als Missions- und Aufklärungswerk entdeckt. Dieser Tage erscheint sein neues Buch "Inside IS", indem er Auskunft über eine Reise gibt, die er im Dezember in das Kalifat unternahm; der "Stern" hat die Geschichte auf den Titel gehoben. Verlegerisch ist so ein Buch zweifellos eine Herausforderung: Verglichen mit dem IS ist selbst der Ku-Klux-Klan eine Vereinigung harmloser Kegelbrüder, die einfach nur die falschen Klamotten tragen. Todenhöfer sagt, er verdanke die Einladung seinen früheren Büchern. Man kann sich als Autor seine Fans nicht aussuchen. Ich würde mir an seiner Stelle allerdings überlegen, ob das ein gutes Argument ist, um hierzulande den Verkauf anzuheizen.
Begegnung mit IS-Schlächter - auf dem Papier
Zehn Tage war Todenhöfer im Kalifat unterwegs. Was den praktischen Erkenntniswert angeht, ist sein Reisebericht eher eine Enttäuschung. Man erfährt, dass in Mossul weniger Frauen auf der Straße sind als früher und in den Geschäften jetzt Anleitungen zur Behandlung von Sklavinnen liegen, aber ansonsten ist die Stadt genauso laut und dreckig wie immer. Auch was die lokalen Attraktionen angeht, bleibt die Ausbeute eher dürftig: Nicht einmal eine kleine Steinigung wurde dem IS-Reisenden von seinen Gastgebern geboten. Im Blick auf die touristischen Ambitionen steckt das Land noch in den Kinderschuhen. Selbst der Platz in Rakka, auf dem die Gotteskrieger die Köpfe ihrer Feinde aufzuspießen pflegen, ist im Original nicht so beeindruckend wie im Film: "Ich hatte mir den gespenstischen Platz viel größer vorgestellt", schreibt der Extremreisende Todenhöfer.
Dafür war immerhin das Frühstück top: Rührei, Dosenthunfisch, Marmelade, Fladenbrot und Tee. Man weiß ja, wie wichtig dem Deutschen die erste Mahlzeit am Tag ist.
Den Höhepunkt der Reise bildet eine Begegnung mit dem gefürchteten Dschihadi John - jedenfalls auf dem Papier. Der Chauffeur, der den deutschen Orientfahrer herumkutschierte, war vermutlich der berühmte britische Kopfabschneider. Also ziemlich wahrscheinlich, zumindest hat man Anzeichen für die Identität ausgemacht: die "kühn geschwungene Adlernase", die "halb geschlossenen Augen", der "rhythmische britische Dialekt". Mehr konnte man auf Grund der Vermummung leider nicht erkennen.
Eine Israel- oder USA-Reise hätte völlig ausgereicht
Immerhin deckt sich die Beschreibung mit dem Bild, das der gebildete Leser sich vom Krummdolch tragenden Muselmann macht. Vor drei Monaten konnte man im RTL-Nachtjournal ein Interview mit einem deutschen IS-Kämpfer sehen, dass der Karl May aus Offenburg von seiner Exkursion mitgebracht hatte. Es zeigte einen dicken, blassen Mann mit Fusselbart, dem man keinen Kilometer Dauerlauf zutraute, wie der Rezensent der "SZ" enttäuscht feststellte."Man kann seine Feinde nur besiegen, wenn man sie kennt", ist Todenhöfers Antwort auf die Frage, warum er sich auf die Reise in den Islamischen Staat eingelassen hat. Wenn das der Beweggrund ist, war er ohnehin am falschen Ort. In seinem Fall hätte eine Israel- oder USA-Reise völlig ausgereicht.
Das Wunderbare an Todenhöfers Erzählungen aus Tausend und einer Nacht ist ja: Am Ende sind immer die Amis schuld. Der IS ist keine höllische Ausgeburt des Islam, sondern ein "Baby des Westens". Wenn die morden und brandschatzen, geschieht das als "Reaktion auf George W. Bushs völkerrechtswidrigen Bombenkrieg". So gesehen sind natürlich auch alle Versuche des Westens, den Vormarsch des IS mit Waffengewalt zu stoppen, ein schlechter Witz. "Wer jetzt den IS mit Bomben bekämpft, hat aus der Geschichte nichts gelernt", schreibt Todenhöfer, "Bomben vernichten den Terrorismus nicht, sie züchten ihn." Wie die richtige Lehre aus der Geschichte aussieht, bleibt leider im Dunkeln, das muss wohl ein weiteres Buch klären.
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