dimanche 8 mars 2015

Jahrestag der russischen Annexion: Coup auf der Krim


Wenig Zeit? Am Textende gibt's eine Zusammenfassung.




Im Schutz der Dunkelheit rollten am 9. März 2014 breit bereifte Fahrzeuge der russischen Armee durch die Hafenstadt Sewastopol auf der Krim, mobile Abschussrampen des Typs Bastion-P, Russlands schärfste Waffe zur Seeverteidigung. Die Anti-Schiffs-Raketen haben eine Reichweite von bis zu 300 Kilometern. Die ukrainischen Flottenverbände waren da aber entweder bereits übergelaufen oder wurden von russischer Marine blockiert. Moskau brachte die Waffen also gegen einen anderen Gegner in Stellung: die USA. Die Abwehrbatterien sollten Washington von einem Eingreifen abschrecken. Moskau sicherte die Eroberung der Krim ab.

Ein Jahr ist es her, dass zunächst Spezialeinheiten ohne Hoheitsabzeichen die Macht dort übernahmen und damit grob das Völkerrecht brachen. Die Halbinsel rückte am 27. Februar in den Fokus der Weltöffentlichkeit, als Schwerbewaffnete das Parlament besetzten. Sie identifizierten sich als "Selbstverteidigungskräfte der russischsprachigen Bevölkerung", waren für eine Bürgerwehr aber außergewöhnlich gut ausgerüstet: mit Scharfschützengewehren und Panzerabwehrwaffen.


Der Kreml flankierte das Vorgehen seiner Truppen mit Lügen. Präsident Putin leugnete erst die Anwesenheit russischer Spezialkräfte und dann die Absicht, die Halbinsel zu annektieren. Russische Militäranalysten haben nun Moskaus Operation Krim rekonstruiert. Der Bericht ("Brothers Armed - Military Aspects of the Crisis in Ukraine") stammt vom "Zentrum für die Analyse für Strategien und Technologien", einem in der russischen Hauptstadt bestens vernetzten Militär-Think-Tank.

Die Studie zeichnet das Bild einer komplexen Militäroperation, der Moskau mehr schlecht als recht einen zivilen Anstrich zu geben versuchte. Ab dem 23. Februar war es auf der Krim zu Demonstrationen gekommen, die Menge forderte dabei ein Eingreifen Russlands. Die Militäroperation war da aber längst angelaufen. Ihr Start ist auf einem Orden vermerkt, mit dem das russische Verteidigungsministerium Verdienste um "die Wiedergewinnung der Krim" ehrt. Auf der Medaille steht der 20. Februar 2014. In Kiew war da Moskaus Verbündeter Wiktor Janukowytsch noch Präsident.


Der Bericht entlarvt Lügen des Kreml: Der Einsatz war keine Reaktion auf eine akute Bedrohung der russischsprachigen Bevölkerung. Ein Anführer der ukrainischen Nationalistentruppe "Rechter Sektor" hatte zwar gewarnt, er werde bewaffnete Kolonnen auf die Krim schicken. Die Drohung stammte vom 24. Februar. Sie blieb diffus, wurde aber "gekonnt aufgeblasen von der prorussischen Propaganda", heißt es in dem Moskauer Militärbericht.


Chronologie der Übernahme


Die ersten Truppenbewegungen wurden am 22. und 23. Februar registriert. Aus dem Moskauer Umland und der Garnison Tambow wurden Luftlandeeinheiten nach Noworossisk verlegt. Der russische Hafen liegt 100 Kilometer entfernt von der Krim und war eines von zwei Drehkreuzen der Krim-Operation.


Der andere ist der Militärflughafen Anapa, er liegt noch näher an der Halbinsel liegt. Am 23. Februar bestiegen russische Elite-Soldaten in Noworossijsk Landungsboote. Zwei Tage später lief der Truppentransporter "Nikolaj Filtschenkow" in Sewastopol ein. Auf der Rückfahrt nahm er einen prominenten Passagier mit nach Russland: den gestürzten und geflohenen Präsidenten Janukowytsch.


Moskau nutzte das Chaos in der Ukraine geschickt aus. Das Nachbarland hatte nach der Maidan-Revolution keinen Verteidigungsminister. Erst am 27. Februar trat Igor Tenjuch das Amt an, in ehemaliger Admiral, der die Streitkräfte eigentlich 2010 verlassen hatte.


Der Kreml ging überlegt vor: Am 26. Februar gab Putin den Befehl für ein überraschendes Großmanöver. Er versetzte 150.000 Soldaten in Gefechtsbereitschaft, unter anderem an der Grenze zur Ukraine. Das lenkte Kiews Aufmerksamkeit von der Krim an die Ostgrenze, diente aber auch zur Tarnung. Die massiven Truppenbewegungen erlaubten, unbemerkt einige Tausend Spezialkräfte auf die Halbinsel zu verlegen.


Am 26. und 27. Februar wurden rund 40 Iljuschin-Transportflugzeuge nach Uljanowsk an der Wolga verlegt. Rund ein Dutzend trafen später in Anapa ein, einige wurden kurz darauf auf der Krim gesichtet.


Am 1. und 2. März liefen vier große Truppentransporter in Sewastopol ein. An Bord befanden sich Kämpfer einer Eliteeinheit des russischen Militärgeheimdienstes GRU. Zwischen dem 28. Februar und dem 11. März liefen insgesamt 15 russische Schiffe die Krim an, dazu kamen 48 Flugzeuge und Hubschrauber. Zehn Armeekolonnen mit 139 Fahrzeugen erreichten die Krim per Fähre.


Schlecht organisierte Gegenwehr


Die ukrainische Armee verfügte auf der Halbinsel mit 22.000 Mann über mehr Soldaten, als der russische Gegner. Sie waren aber schlechter organisiert, demoralisiert und unzureichend ausgerüstet. Von 45 Flugzeugen der ukrainischen Luftwaffe auf der Krim waren gerade mal zehn flugfähig.

Ruslan Puchow ist Direktor des "Zentrums für Analyse von Technologien und Strategien". Er hält die Krim-Operation nicht für einen von langer Hand geplanten Masterplan, er spricht von einer "gut vorbereitete Improvisation".


Als sich die Möglichkeit von Janukowytschs Sturz aber im Februar abzeichnete, habe der Kreml eilig entsprechende Szenarien vorbereitet. Darin zeige sich die neue Stärke der über Jahre mit viel Geld modernisierten Armee: "Als sich eine Gelegenheit zur Rückgewinnung der Krim bot, verfügte Putin damit über ein Werkzeug, um seine Ambitionen zu verwirklichen".




Zusammenfassung: Am 9. März 2014 starteten Truppen ohne Hoheitsabzeichen die Eroberung der Schwarzmeerhalbinsel Krim. Offiziell nicht unter russischer Flagge. Auswertungen russischer Militäranalysten zeigen nun, wie Moskau das Chaos in der Ukraine geschickt nutzte - und die Soldaten auf die Halbinsel schleuste.

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