«Er ist keiner, der jeden Tag prügelt. Das rechtfertigt es nicht, aber naja... Er hat sich auf der Arbeit geärgert, beim Autofahren, ich habe etwas getan, das ihn verärgert hat.» Das ist die Aussage einer 32-jährigen Frau, eines Opfers von häuslicher Gewalt - aufgezeichnet vom
Luxembourg Institute of Health (LIH). Das Institut hat auf Anfrage des Ministeriums für Chancengleichheit die Ursachen für häusliche Gewalt im Großherzogtum untersucht.
Die globale Epidemie
Für Sozialministerin Lydia Mutsch (LSAP) ist die steigende häusliche Gewalt ein «gesellschaftliches Übel» und ein «Problem der öffentlichen Gesundheit». Im Jahr 2013 musste die Polizei 844 Mal eingreifen, 357 Mal wiesen sie einen der Partner aus der gemeinsamen Wohnung aus. Und das ist laut den Forschern wohl nur die Spitze des Eisbergs. Die Opfer sind meist Frauen - am häufigsten sind Portugiesinnen betroffen, danach folgen Luxemburgerinnen.
Komplexe menschliche Interaktionen
Für die Untersuchung schickte das LIH 3306 Fragebögen an Opfer - und Täter. Was die Forscher entdeckt haben, entspricht (leider) den internationalen Standards: Die häusliche Gewalt zieht sich durch alle Berufsgruppen, auch wenn die am stärksten Betroffenen häufig in einer prekären Situation sind - sei es emotional, psychologisch oder finanziell. Die Opfer sind oft auf gewisse Weise abhängig oder in einer schwächeren Position: Sie sind jünger als die Täter, haben keinen Führerschein, sind wirtschaftlich gebunden. Das Bildungsniveau der Opfer ist oft höher als das des Täters. Erlebte Gewalt kann zu mehr Schlägen führen.
Gewalt wird sowohl von externen Einflüssen als auch von der Art einer Person, darauf zu reagieren, erzeugt oder verhindert. «Wir reden über menschliche Beziehungen, die sehr komplex sein können», sagt Studienleiter Laurence Fond-Harmant vom LIH. «Manchmal greifen Menschen zu Gewalt, weil sie auf eine Aggression des Opfers reagiert haben.»
Basierend auf der Studie beabsichtigt das Ministerium für Chancengleichheit, auf bestimmte Themen wie emotionale und sexuelle Erziehung ab einem jungen Alter, mehr Gewicht zu legen. Auch soll die Gesetzgebung besser gegen psychische Gewalt vorgehen können.
(Séverine Goffin/L'essentiel)
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