samedi 28 février 2015

Boris Nemzow: Sein letztes Interview


Knapp drei Stunden vor seiner Ermordung hat sich Boris Nemzow ein letztes Mal mit scharfer Kritik an Russlands Präsident Wladimir Putin zu Wort gemeldet. Das Interview, das er am Freitag mit dem Radiosender Moskauer Echo geführt hatte, ist zu seinem politischen Testament geworden.


In dem 45-minütigen Gespräch verurteilte der prominente Oppositionelle Putins Ukraine-Politik heftig und entwarf Vorschläge, "um Russland zu verändern". Mehrfach schnitt er den Journalisten das Wort ab, um seine Sicht der Dinge darstellen zu können - als hätte er geahnt, dass seine Zeit abläuft.

Anlass für das Interview war der Anti-Krisen-Marsch, zu dem der 55-jährige frühere Vize-Regierungschef zusammen mit oppositionellen Weggefährten für Sonntag aufgerufen hatte. "Dieser Marsch fordert den sofortigen Stopp des Krieges mit der Ukraine, er fordert, dass Putin seine Aggression einstellt", sagte Nemzow in das Mikrofon des Radiosenders.


Putins Vorgehen im Konflikt mit dem Nachbarland sei auch für die schwere Wirtschaftskrise in Russland verantwortlich. "Die Sanktionen, dann die Kapitalflucht: all das wegen Putins unsinniger Aggression gegen die Ukraine." In dem Interview wiederholte Nemzow den Vorwurf, Moskau unterstütze die prorussischen Separatisten in der Ostukraine mit eigenen Truppen, was der Kreml stets zurückgewiesen hat.


"Die Opposition hat nicht viel Einfluss"


Eine Journalistin konfrontierte den Oppositionellen auch mit der Lage auf der Krim: Eine Mehrheit der Bewohner habe doch gewollt, dass die Schwarzmeer-Halbinsel in die russische Föderation eintrete. "Die Bevölkerung wollte in Russland leben, zugegeben", erwiderte Nemzow. "Aber die Frage ist eine andere: Man darf sich nicht nach dem Willen richten, sondern nur nach dem Gesetz. Und man muss die internationale Gemeinschaft respektieren."


Korrupte Politiker vor Gericht stellen, das Militärbudget halbieren, das Bildungsbudget aufstocken: Der einstige Gouverneur und Architekt der liberalen Wirtschaftsreformen der Neunzigerjahre machte in dem Interview zahlreiche Vorschläge, um Russland zu modernisieren.

Zugleich zeigte er sich wenig optimistisch, dass er Gehör finden würde: "Die Opposition hat zurzeit nicht viel Einfluss auf die Russen." Auch für dieses Problem hatte er eine Lösung parat. Ihren Wortführern müsse jede Woche in einem der Hauptfernsehsender eine Stunde Zeit eingeräumt werden. "Denn wenn man die Macht in den Händen eines einzigen Menschen konzentriert, kann das nur zur Katastrophe führen - zu einer totalen Katastrophe."


Durch das Attentat auf Nemzow hat das Lager derjenigen, die ihre Stimme noch gegen Putin erheben, einen ihrer wichtigsten Vertreter verloren. Der Anti-Krisen-Protestmarsch, der am Sonntag durch einen Moskauer Vorort ziehen sollte, wurde als Reaktion auf die tödlichen Schüsse abgesagt. Stattdessen sollen die Moskauer nun am Sonntag zu einem Gedenkmarsch für Nemzow ins Stadtzentrum kommen.




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