vendredi 27 février 2015

US-Präsidentschaftsbewerber: Die große Republikaner-Angst


Als John Bolton auftritt, steht die Welt am Abgrund. "Terroristen sind in unserem Land", ruft der 66-Jährige, "noch viele werden kommen". Und Barack Obama? Der sei "nicht qualifiziert, Präsident zu sein", so der Ex-Diplomat Bolton, Mitarchitekt des Irak-Kriegs. Obamas Abzug aus dem Zweistromland ist für ihn Grundlage des Aufstiegs des "Islamischen Staats" (IS). Daran sei auch Hillary Clinton als Außenministerin beteiligt gewesen, sie habe also ebenfalls "ihre Untauglichkeit fürs Präsidentenamt bewiesen." Das ist wichtig für ihn, denn Clinton ist eine Gefahr für die Republikaner.


Es ist Freitagnachmittag, John Bolton spricht auf der CPAC, der Conservative Political Action Conference . Rund 10.000 Republikaner sind nach Maryland ins "Gaylord"-Hotel gereist, um am alljährlich größten und wichtigsten Treffen von Amerikas Konservativen teilzunehmen. Es ist die Herzkammer von Rechtaußen. Hier geht es um die Liebe zu Gott, Waffen, Reagan. Und auch um die Abschaffung europäischer Spielkarten.

Dieses Jahr ist besonders wichtig, weil die potentiellen republikanischen Präsidentschaftskandidaten für sich werben, an der CPAC kommt keiner vorbei. Bolton ist kein Bewerber, er ist als Angstmacher gekommen: Der IS und Hillary, das sind die Dämonen des rechten Republikaner-Flügels. Wie ein roter Faden zieht sich diese doppelte Verunsicherung durch die Debatten und Reden. Dass Hillary Clinton die Gegenkandidatin im Jahr 2016 sein wird, davon gehen sie hier alle aus. Wer aber kann das berüchtigte Clinton-Netzwerk schlagen?


Bush kommt glimpflich davon


Etwa Jeb Bush, der derzeitige Spitzenreiter im republikanischen Feld? Der Mann ist für die Einwanderungsreform, bei der CPAC hat er also ein Problem. "Warum treten Jeb und Hillary nicht einfach als Team an?", fragt eine konservative Radiomoderatorin vor Bushs Auftritt. Als später Immobilientycoon und Politclown Donald Trump nur den Namen Bush erwähnt, erschallen prompt Buhrufe.


Und dann kommt Jeb. Statt einer Rede entscheidet sich der 62-Jährige für ein Interview mit einem Foxnews-Aktivisten. Bush ist aufgeregt, das sieht man ihm an. Die Wangen gerötet, der Mund trocken. Offensichtlich haben seine Leute viele Fans herankarren lassen, die bei jedem seiner Sätze die Gegner mit Applaus zu übertönen suchen. Letztlich kommt Bush glimpflich davon. Er hat gesagt, dass er für die "traditionelle Ehe" ist, er hat sich etwas holprig einen "praktizierenden, Reformen zugewandten Konservativen" genannt. Die CPAC-Leute lassen ihm das durchgehen.


Den ganz großen Auftritt haben in Maryland aber drei Männer, die Bush in den nächsten Monaten noch gefährlich werden dürften: Die Senatoren Ted Cruz und Rand Paul sowie Wisconsins Gouverneur Scott Walker. Alle drei präsentieren sich als Antwort auf die große Republikaner-Angst und alle drei haben ihren Auftritt professionalisiert. Der Reihe nach:


Donnerstagabend, eine rechte Studentengruppe lädt zur "Big Government Sucks"-Party. Auftritt Ted Cruz, Tea Party, 44 Jahre, rhetorisch begnadeter Einzelgänger im Senat.


Auftritt perfektioniert: Senator Ted Cruz bei einer Rede in South CarolinaZur Großansicht

AFP


Auftritt perfektioniert: Senator Ted Cruz bei einer Rede in South Carolina




Cruz schwärmt den jungen Leuten von der "Graswurzel-Guerilla-Kampagne" vor, mit der er vor zwei Jahren gegen alle Vorhersagen einen Sitz im Senat erobert hatte: Er habe auf Kleinstspenden, Mund-zu-Mund-Propaganda, die sozialen Netzwerke und insbesondere die Jugend gesetzt. Genau so, wie es Obama 2008 gegen Clinton gemacht und - Obacht! - sie geschlagen habe. Er rechnet den gut 200 Zuhörern vor, dass allein sie auf diese Weise letztlich eine Million Menschen erreichen könnten. Man spürt förmlich, wie Cruz von dem Saal Besitz ergreift, die Leute stehen, jubeln. Was ist dagegen der holprig und bürokratisch wirkende Bush? Plötzlich erscheint Clinton schlagbar.

Freitagmorgen, eine Lobbygruppe lädt zum "Meet & Greet" mit Scott Walker, 47 Jahre. Der Saal ist brechend voll.


Jetzt nur noch beten: Governeur Scott Walker bei einem Auftritt in KalifornienZur Großansicht

REUTERS


Jetzt nur noch beten: Governeur Scott Walker bei einem Auftritt in Kalifornien




Walkers Erzählung ist die seiner Wiederauferstehung: In den letzten vier Jahren habe er drei Wahlen im strukturell demokratischen Wisconsin zu bestehen gehabt. Er hat sie alle gewonnen. 2010 die Gouverneurswahl; 2012 eine sogenannte Recall Election, nachdem mehr als eine Million Bürger seine Abwahl gefordert hatten; 2014 die neuerliche Gouverneurswahl. Heißt: Walker könnte auch Hillary schlagen. Durch seine Kämpfe, sagt er, habe er ein Spendernetzwerk in ganz Amerika - jetzt müsse man nur noch für ihn beten. Und das versprechen ihm seine neuen Freunde hier dann auch. Die IS-Gefahr? Er sei mit 100.000 Demonstranten daheim in Wisconsin fertig geworden, er werde das auch im Ausland schaffen. Der absurde Vergleich zeigt, wie aufgepumpt Walkers Selbstsicherheit mittlerweile ist.

Freitagmittag, Ballsaal des "Gaylord"-Hotels, mehrere tausend Zuhörer. Auftritt des Radikalliberalen Rand Paul, 52 Jahre.


Gestenreich: Senator Rand Paul in seinem Büro in Capitol Hill, Washington Zur Großansicht

AP/dpa


Gestenreich: Senator Rand Paul in seinem Büro in Capitol Hill, Washington




Es ist keine gute Rede, die Paul da hält. Die Stimme ist dünn, leiert, der Südstaatenakzent heftig. Aber die Inszenierung stimmt: Der Saal ist voller junger, libertärer Fans, die das CPAC-Stammpublikum verdrängen. Im Sekundentakt tweetet sein Team die wichtigsten Zitate aus der Rede: Paul kritisiert die NSA, fordert die Abschaffung der Steuerbehörde, will den Staatshaushalt zusammenstreichen und wirft immer wieder Clinton das "Chaos" vom Maghreb bis zum Nahen Osten vor. Den US-Einsatz gegen Libyens Ex-Diktator Gaddafi nennt er "Hillarys Krieg". Gegen die Muskelspiele von Cruz, Walker und Paul verblassen die anderen. Die tragischste Figur ist wohl Rick Santorum, der noch bei den Vorwahlen 2012 als Kandidat der sozialkonservativen Graswurzelbewegung in elf Staaten siegen konnte. Im "Gaylord"-Hotel hält Santorum an diesem Freitag eine grundsolide Rede, allerdings a cappella. Er hat nur seine Großfamilie in der ersten Reihe sitzen, sonst ist da keinerlei Inszenierung.

Am Ende spielen sie "Game On" ein, den einst für Santorum geschriebenen Countrysong, der ihn mit Reagan vergleicht. Im Jahr 2012 war das ein Renner.


Die Leute im Ballsaal aber lachen, als sie jetzt das kitschige Lied von einst hören.






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