lundi 16 février 2015

Kommentar zur Grexit-Gefahr: Revolutionäre im Rausch


Wer in diesen Tagen mit Menschen spricht, die Alexis Tsipras oder Giannis Varoufakis zuletzt lange gegenübergesessen haben, erlebt Menschen, die sich ihrer Gefühle nicht sicher sind. Sicher, sie schimpfen über deren Posen, ihre Sturheit, auch ihre fehlenden Detailkenntnisse.


Aber sie schwärmen zugleich vom Gefühl, historische Akteure zu erleben, während diese Geschichte schreiben - als Revolutionäre, die in Lederjacke und offenem Hemd Politik ganz neu erfinden wollen, mehr Chè als Schäuble, eher Motorrad denn Dienstlimousine.

Und es stimmt ja: Der junge griechische Premier und sein Finanzminister wirken mächtig beeindruckend, weil sie mächtig überzeugt von ihrer Sache sind - und eine durchaus nachvollziehbare Haltung zeigen: weniger Verständnis für Banken und mehr Verständnis für die zu vielen Opfer eines zu strikten Sparkurses.


Doch von sich selbst berauschte Revolutionäre verlieren sich oft in Illusionen und verfallen in Rücksichtslosigkeit, beides droht auch Varoufakis und Tsipras. Das zeigte sich an der Art und Weise, wie das dynamische Duo das Krisen-Treffen der Euro-Finanzminister am Montag frühzeitig zum Platzen brachte.


Illusorisch und rücksichtslos


Die Griechen boten lediglich an, ihre milliardenteuren Wahlkampfversprechen erst einmal nicht umzusetzen. Im Gegenzug forderten sie die umfassende Zusicherung, dass die Europäische Zentralbank (EZB) die griechischen Banken weiter liquide halten werde - was die Euro-Finanzminister aber gar nicht beeinflussen können, denn das entscheidet die Bank nach eigener Prüfung.


Diesen illusorischen, einseitigen Vorschlag zu einem Zeitpunkt zu unterbreiten, da die versammelte Eurozone auf konkrete Angebote wartete, ist zugleich schlicht rücksichtslos - gegenüber kleineren Mitgliedstaaten, die selber harte Reformen durchdrücken mussten. Wie sollen sie Griechenlands permanente Sonderbehandlung länger akzeptieren?


Nur ein Grund könnte so viel Chuzpe rechtfertigen: Wenn die Griechen durch harte Verhandlungstaktik ihre Popularitätswerte daheim hochtreiben wollten, um dort endlich ebenso harte und nötige Reformen durchzusetzen - etwa reiche Steuersünder zur Kasse zu bitten. Solche Reformen hätten Signalwirkung, weit über Griechenland hinaus - wenngleich sie im eigenen Land, in der eigenen Koalition nur konfliktreich durchzusetzen wären.


Immer nur Contra ist zu wenig


Tsipras und Varoufakis mögen so einen schlauen Reformplan hegen, aber er scheint bei ihren Auftritten in Brüssel nicht im Vordergrund zu stehen, sondern eher das sture Contra gegen die Auflagen des laufenden Hilfsprogramms. Es mag mutig wirken, sich den um einen Kompromiss ringenden Finanzministern der Eurozone gegenüber unbeugsam zu zeigen. Tatsächlich ist es wohlfeil - und zielt nur auf den billigen Applaus der griechischen Landsleute. Das ist zu wenig von der Regierung eines Landes, das in der Schuldenkrise nicht bloß Opfer ist, sondern auch Sünder war - wie Syriza ja selbst anprangert.

Schlimmer noch: Sie wirken wie Pokerspieler, die nicht begreifen, dass sie mit ihrem Bluff auch alles verlieren könnten.


Wer es sich so leicht macht, agiert leider nicht historisch. Sondern eher feige.



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Dennis Drenner



Gregor Peter Schmitz ist Europa-Korrespondent bei SPIEGEL ONLINE mit Sitz in Brüssel.

E-Mail: Gregor_Peter_Schmitz@spiegel.de


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