Der Alkohol ist vernichtet, der Konfetti-Vorrat leer, das Narrenkostüm hängt wieder im Schrank: Nach wilder Karnevalsfeierei ist am Aschermittwoch Schluss mit lustig. Im christlichen Jahreskreis steht dann bis Ostern die Fastenzeit an. Das bedeutet 40 Tage Abstinenz - und Finger weg von Süßigkeiten, Zigaretten und anderen Lastern. Doch lohnt strenger Verzicht überhaupt?
So nicht!: Die zehn beklopptesten Diäten Woher kommt das Fasten?
Fasten ist fester Bestandteil aller Weltreligionen, der Verzicht soll Raum für Gebet und Meditation schaffen. Mohammed zum Beispiel fastete, bevor ihm der Koran offenbart wurde. Moses fastete, bevor er Gottes Wort empfing. Jesus zog sich zum Fasten für 40 Tage in die Wüste zurück, um sein öffentliches Wirken vorzubereiten. Christen sahen darin lange ein probates Mittel, um den Himmel milde zu stimmen. Für Muslime ist Fasten eine im Koran verankerte Pflicht.
Warum beginnt Fastenzeit für Christen am Aschermittwoch?
Die Fastenzeit gilt als Vorbereitung auf Ostern, das Fest der Auferstehung Jesu Christi. Die Evangelische Kirche ruft jedes Jahr zur Aktion «7 Wochen ohne» auf. Von Aschermittwoch bis Karsamstag sollen Gläubige etwa Fleisch, Alkohol, Zigaretten oder Süßigkeiten entsagen. Die katholische Kirche fordert, sich gerade in der Fastenzeit gegen Not und Ungerechtigkeit einzusetzen. Die Regeln werden längst nicht mehr so streng ausgelegt wie früher.
Warum soll 40 Tage verzichtet werden?
Das Konzil von Nicäa legte den Oster-Termin im Jahr 325 auf den Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond fest und schrieb ein vorangehendes 40-tägiges Fasten vor - die Zeit, die Jesus in der Wüste verbrachte. Eigentlich vergehen von Aschermittwoch bis Ostern mehr als 40 Tage - doch werden Sonntage nicht mitgerechnet. Die Zahl 40 kommt in der Bibel häufiger vor. dpa
Pro fasten
Wer sieben Wochen verzichtet, schafft Ordnung und reinigt Seele und Geist, meinen Theologen. «Die Fastenzeit ist ein Experiment mit sich selber, mit dem Ziel ausgeglichener und innerlich zufriedener zu sein», sagt Pastoralreferent Peter Hundertmark von der Deutschen Bischofskonferenz. Verzichten heißt, sich frei machen von Altlasten und mit guten Vorsätzen zu einer besseren Gesellschaft beitragen - besonders dann, wenn der Konsum eingeschränkt wird.
Wer alte Muster durchbricht, leistet nicht nur Gutes für Andere, sondern vor allem für sich selbst. Aus psychologischer Sicht steigert der bewusste Verzicht das eigene Selbstvertrauen und die Disziplin. Und die greift auch in anderen Lebensbereichen, sagt der Berliner Psychologe Dirk Wisny. Denn Durchhalten motiviert.
Auch Fachmediziner finden Fasten gut. Für sie bedeutet das aber in erster Linie, die Kalorienzufuhr durch Flüssignahrung drastisch zu reduzieren - die Kilos purzeln folglich schnell. Statt nur Suppe zu trinken, reicht es aber meistens schon, Dickmacher wie Süßigkeiten wegzulassen: Das Organsystem entgiftet, der Kreislauf wird stabiler. «Wir fühlen uns fitter, sind weniger müde und haben ein besseres Wohlbefinden», sagt Professor Martin Hausberg, Vorstand der Deutschen Hochdruckliga. Das Gehirn schüttet Glückshormone aus.
Kontra fasten
Trotz aller guten Vorsätze warnen Mediziner aber auch vor einer strikten Fastenkur. Wer zu lange zu wenig isst, schadet dem Körper. «Menschen mit ernstzunehmenden Erkrankungen sollten ohne ärztliche Anleitung überhaupt nicht fasten», sagt Fasten-Experte Peter Strauven. Kontraproduktiv ist außerdem Stress im Alltag. Statt nur einige Wochen seine Ernährung umzustellen, lohne es sich vielmehr, die Lebensweise dauerhaft zu ändern, erklärt Hochdruckliga-Chef Hausberg.
Gefahr läuft außerdem der, der seine Ziele zu hochsteckt. «Es geht eher darum zu schauen, wie wenig ich tatsächlich brauche, um einen Unterschied im Leben zu machen», sagt Pastoralreferent Hundertmark. Auf was verzichtet wird, muss demnach immer zu einem passen und darf das Leben nicht einschränken.
Wer sich zu viel vornimmt, baut außerdem großen Druck gegenüber sich selbst auf. «Es gibt immer Momente, in denen man schwach wird», sagt der Psychologe Wisny. Er warnt außerdem davor, nur auf etwas zu verzichten, um sich selbst oder anderen etwas beweisen zu wollen - sozusagen als «Show-Effekt». Wer demonstrativ zeige, dass er faste, ziehe eher Ärger auf sich - und verfehlt somit den eigentlichen Sinn der Fastenzeit.
(L'essentiel/dpa)
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