lundi 13 avril 2015

Rechtspopulist bei Pegida: Wilders biedert sich an


Geert Wilders lobt und schmeichelt, wo er kann. Breit lächelnd steht der Mann mit den blond gefärbten Haaren oben auf der Bühne und ruft: "In meinen Augen seid ihr alle Helden." Die Pegida-Anhänger danken es ihm mit Beifall. Endlich würdigt einmal ein Politiker ihr wöchentliches Treiben - ein Niederländer, aber immerhin nimmt er sie ernst. Anders als Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) oder Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die sie hier nur "Volksverräter" schimpfen.


Chef-Organisator Lutz Bachmann hat den niederländischen Rechtspopulisten Wilders am Montag einfliegen lassen, um Stimmung unter den "lieben Freunden" zu machen, wie Wilders seine Zuhörer nennt. Die hatten zuletzt recht gelitten, denn die Pegidisten waren des Spaziergehens müde geworden, teilweise kamen nach Bachmanns Hitler-Selfie und Pöbeleien gegen Ausländer nur noch rund 2000 Menschen. Der harte Kern - Rechtsextremisten, Hooligans, ein paar Wutbürger.

Also musste Berufsprovokateur Wilders her. Schließlich soll Pegida noch bis mindestens 7. Juni durchhalten, dann ist Oberbürgermeisterwahl in Dresden. Pegida tritt mit einer eigenen Kandidatin an, die Anhänger müssen also bei Laune gehalten werden. Doch so recht will das nicht gelingen am Abend. Wilders schaut, wenn man es freundlich schätzt, auf höchstens 10.000 Menschen, die sich in der Flutrinne, einem großen Gelände in der Nähe der Elbe, versammelt haben. Dabei hatte Bachmann großspurig 30.000 Anhänger angekündigt.


Doch Wilders ist Profi genug - ein Islamfeind auf Bestätigungsreise durch Europa, der die Reflexe seiner Zuhörer gekonnt bedient (Ein Porträt lesen Sie hier). So auch in Dresden, wo immer wieder gegen die "Asylantenindustrie" , die Islamisierung der Kantinen und Friedhöfe, gegen Flüchtlinge gehetzt wird, die nur "ordentlich Knete vom Staat" haben wollen.

"Wir sollten Schengen verlassen"


Wilders bedient genau dieses Hass-Klima, das nicht nur Dresden vergiftet und in die beiden Lager Pegida und Nopegida geteilt, sondern sich auch bundesweit ausgebreitet hat. In nahezu perfektem Deutsch trägt der 51-Jährige, der im deutsch-niederländischen Grenzort Venlo geboren ist, seine Rede vor. Wilders, schwarzer Dreiteiler, blaue Krawatte, spricht ruhig, macht immer wieder Pausen, sucht den Blickkontakt. Er redet viel von Sicherheit, von der zweiten Wende, die von Dresden ausgehe, von Wahrheit, die ist allerdings recht dehnbar. Flüchtlinge sollten in Sicherheit gebracht werden, aber in ihrer eigenen Region, sagt Wilders. Wie das geht, sagt er nicht. Er rät lieber zum Abschotten: "Wir sollten Schengen verlassen und unsere eigenen Grenzkontrollen wieder einführen."


Einwanderer seien willkommen, solange sie nicht illegal, kriminell seien und nicht versuchen würden, die Scharia über "unsere Gesetze" zu heben. Das kommt an bei den Pegidisten: "Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen", brüllen sie.


Wilders beschwört ein Gefühl des "Wir wollen bleiben, was wir sind." Dieses werde vom Islam bedroht, Tausende Jugendliche hätten sich dem Dschihad angeschlossen, viele seien als "tickende Zeitbomben" zurückgekommen. "Nicht alle Muslime sind Terroristen, aber die meisten Terroristen Muslime", so seine recht grobe Zusammenfassung nach den Anschlägen in Kenia, Kopenhagen und Paris. Doch das stört die wenigsten in Dresden, sie rufen "Jawohl", schwenken ihre Deutschlandfahnen. "Islam = Unterwerfung" ist auf Plakaten zu lesen. "Vom Weltherrschaftsanspruch" der Religion. Der Islam ist für Wilders und seine Anhänger keine Religion, sondern eine totalitäre Ideologie.


Der Rechtspopulist wird auch an diesem Abend von Leibwächtern begleitet, er wird seit 2004 von der Polizei geschützt. Über ihm kreist ein Polizeihubschrauber. Jeder, der den Islam kritisiere, werde bedroht, warnt er: "Ich stehe auf der Todesliste von al-Qaida." Dass er den Koran mit Hitlers "Mein Kampf" verglichen hat, den Islam einer "faschistischen Wüstenideologie aus dem siebten Jahrhundert" gleichsetzt hat, sagt er nicht. Wilders unterlässt solche Provokationen, schürt lieber Ängste und verbrüdert sich zugleich: "Heutzutage stehen wir alle auf der Todesliste der Dschihadisten."


Der Jubel ist groß - doch die ganz große Euphorie bleibt bei den meisten aus. Nur wenige rufen trotz der Schmeicheleien "Bravo", "Geert, Geert" oder "Endlich sagt einer endlich mal die Wahrheit". Das mag auch daran liegen, dass Wilders wiederholt Israel lobt: Das Land sei eine "Insel im Meer der Barbarei", weil es sich weigere, vom Islam eingenommen zu werden. Der Beifall fällt dann bedeutend leiser aus, die anwesenden Vertreter von NPD und sonstige Rechtsextremisten sind dann still.


Apo oder ein bisschen Partei?


Wilders Auftritt ist kurz, knapp 25 Minuten lang, Erinnerungsfotos gibt es nur für Bachmann und dessen Leute. Der dankt seinem Gast mit einem Handschlag und einer Verbeugung - Pegida will mit Wilders auf der europäischen Bühne ankommen. Doch ist die Bewegung das wirklich?


Wilders sucht nach Rückschlägen im Land und Europaparlament zuverlässige Verbündete, jenseits der NPD, mit der er nicht will. Pegida aber bleibt nach wie vor im Ungefähren. Sie will Apo sein und irgendwie politische Kraft. Vielleicht auch ein bisschen Partei, wie einige Anhänger fordern, wenn sie denn nicht gegen die "Lügenpresse" pöbeln. Dagegen, das scheint das einzige Ziel von vielen zu sein.

Einen Masterplan gebe es nicht, hat Pegida-OB-Kandidatin Tatjana Festerling in einem Interview vor Kurzem gesagt. Es solle erst einmal so weiterlaufen. Am Montag ruft Bachmann zu Spenden auf, 50 Cent oder ein Euro sollen doch in eine der grünen Tonnen geworfen werden, da laufen die meisten schon Richtung Ausgang, hören nicht mehr zu. Bachmann muss sich nun überlegen, was er tut. Es gibt Gerüchte, er habe weitere Rechtspopulisten angefragt, die Rede ist von Front-National-Chefin Marine Le Pen und dem FPÖ-Vorsitzenden Heinz-Christian Strache. Doch ob die nun kommen werden?


Am kommenden Montag ist erst einmal Ruhe in Dresden, dann macht Pegida Pause.






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