jeudi 23 avril 2015

Führungsstreit: Henkel tritt als AfD-Vize zurück

Hans-Olaf Henkel ist am Donnerstag von seinem Posten als AfD-Vize zurückgetreten. Gegenüber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) erklärte er, die Partei sei in Gefahr, von "Rechtsideologen" übernommen zu werden. Führenden Parteifunktionären warf er charakterliche Defizite vor. Henkel gilt als Anhänger Luckes und hatte den Rechtskurs zuletzt auch auf SPIEGEL ONLINE heftig kritisiert.

Sollte es nicht zu einer "Klärung" im Richtungsstreit seiner Partei kommen, drohe ihr der Untergang, sagte Henkel, der Parteimitglied bleiben will. "Dann wird die AfD scheitern. Das ist meine feste Überzeugung." Der Rücktritt Henkels wurde SPIEGEL ONLINE von einem Sprecher der Bundespartei bestätigt. Henkel selbst bestätigte dies auch auf seiner Facebook-Seite.

Offenbar hatte Henkel genug von dem Machtkampf, der die Partei seit Monaten beschäftigt. Auf dem kommenden Bundesparteitag in Kassel wurden Henkel intern wenig Chancen eingeräumt, als Vize wiedergewählt zu werden. Jüngst hatte sein Berliner Landesverband ihn noch nicht einmal als Delegierten aufgestellt, er fiel mit 41 Stimmen durch und wurde nur Ersatzdelegierter.

Lucke kanzelt Gauland ab

Der Führungsstreit ging unterdessen in die nächste Runde. Nur wenige Stunden, nachdem Parteivize Alexander Gauland Vorstandssprecher Bernd Lucke im "Handelsblatt" massiv kritisiert hatte, konterte der Angegriffene scharf.

"Der Vorwurf der Spaltung fällt auf Herrn Gauland zurück", sagte Lucke SPIEGEL ONLINE am Donnerstag. "Seit Monaten vertritt er öffentlich Positionen, die die moderaten, liberal-konservativen Mitglieder der Partei vor den Kopf stoßen. Herr Gauland will die Partei entbürgerlichen und zu einer Partei der kleinen Leute machen. Dies ist ein direkter Angriff auf die Einheit der Partei, dem ich mich entschieden entgegenstelle." Das Bürgertum sei eine wesentliche Säule der Partei, betonte Lucke weiter. "Wer sie in Frage stellt, sollte sich darüber klar sein, was er damit anrichtet."

Gauland war erst am vergangenen Wochenende als Landeschef der brandenburgischen AfD wiedergewählt worden. Programmatisch hatte sich das frühere CDU-Mitglied aus diesem Anlass erneut für einen rechtskonservativen Kurs starkgemacht. Die AfD solle eine "scharfkantige" Asyl- und Zuwanderungspolitik propagieren, forderte Gauland, der auch AfD-Fraktionschef im Landtag von Brandenburg ist. "Wir sind im Moment die Partei der kleinen Leute."

Im "Handelsblatt" hatte Gauland Lucke vorgeworfen, aus machtpolitischen Gründen gegen NRW-Landeschef Marcus Pretzell zu agieren. Eine knappe Mehrheit des Bundesvorstands hatte Pretzell mit der Begründung abgemahnt, eigene Fehler geschönt dargestellt zu haben. Pretzell habe einen chaotischen Führungsstil, kritisierte die Parteispitze. Mit der Abmahnung sind aber keine konkreten Konsequenzen verbunden.

Grund für die Verwarnung war eine angebliche Steuerschuld des Juristen und Immobilienentwicklers Pretzell, die dazu führte, dass das Finanzamt Bielefeld kurzfristig das Parteikonto der AfD in Nordrhein-Westfalen pfändete. Vom Verdacht, der Partei finanziell geschadet zu haben, wurde Pretzell allerdings von zwei Sonderprüfern, die Parteimitglieder der AfD sind, entlastet. Zugleich legten diese ihm allerdings nahe, wegen seiner persönlichen Situation - Pretzell hat sich von seiner Familie getrennt - auf seinen Posten zu verzichten. Das aber lehnt der Jurist ab. Pikant ist, dass der Landesverband am 9. oder 10. Mai seine Spitze neu wählen will. Der Kurs Luckes gegen Pretzell könnte diesen nun eher gestärkt haben, heißt es in der AfD.

Lucke warnt vor Einfluss der "Neuen Rechten"

Gauland sagte mit Blick auf Lucke: "Er will sich mit seiner Linie durchsetzen - und da ist Pretzell und der Landesverband Nordrhein-Westfalen ein schwerer Brocken auf dem Wege, den er gerne beiseite geräumt hätte." Und er fügte hinzu: "Herr Lucke eint keineswegs die Partei, sondern er spaltet sie weiter."

Hinter dem Machtkampf in der AfD steht ein heftiger Richtungsstreit: Lucke vertritt mit seiner Eurokritik wirtschaftsliberale Positionen, Gauland rechtskonservative. Am 13. Juni wählt die AfD auf einem Delegierten-Parteitag in Kassel einen neuen Bundesvorstand, der aus zwei statt den bisher drei Vorstandssprechern - Bernd Lucke, Frauke Petry und Konrad Adam - bestehen soll. Auf einem weiteren Bundesparteitag Ende des Jahres, auf dem sich die Partei ein Programm geben will, soll Lucke dann alleiniger Parteivorsitzender werden - so zumindest ist der bisherige Plan.

Eine Mitgliederbefragung soll nun für inhaltliche Klarheit sorgen, sie gilt als Kampfansage an den rechten Parteiflügel. Lucke hat in einem Schreiben die AfD-Mitglieder darum gebeten, einem Entscheid zuzustimmen, der jeglichen Kontakt mit "Organisationen im Dunstkreis des Rechtsradikalismus" untersagt. Dafür sind laut Parteisatzung die Unterschriften von mindestens drei Prozent der derzeit rund 22.000 Mitglieder nötig.

Lucke warnte zugleich in einer E-Mail an die Parteimitglieder vor "beunruhigenden Entwicklungen" in der Partei. Die "sogenannte Neue Rechte" versuche verstärkt, Einfluss auf die AfD zu nehmen. Lucke beklagte Versuche, "die politischen Inhalte der AfD und ihren Politikstil in eine Richtung zu verschieben, vor der ich nur warnen kann".



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