mardi 21 avril 2015

Unglück im Mittelmeer: Röttgen beklagt "Krise der Solidarität" in Europa

Nur 28 Menschen haben den Untergang des Flüchtlingsbootes im Mittelmeer am Sonntag überlebt. Das Uno-Flüchtlingshilfswerk UNHCR geht inzwischen von 800 Todesopfern aus. Nach dem Unglück beklagt CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen eine fehlende Solidarität in Europa: Es gebe eine "Krise der Solidarität", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag im Deutschlandfunk. Das müsse sich ändern.

Die EU-Staaten seien ihrer Verantwortung bisher nicht gerecht geworden. "Die Europäer insgesamt haben nur einen Bruchteil von dem getan, was eine europäische Nation, die Italiener, über ein Jahr getan hat", sagte Röttgen. Die italienische Seenotrettungsmission "Mare Nostrum" zur Rettung schiffbrüchiger Flüchtlinge war auf Drängen mehrerer EU-Staaten ausgelaufen und 2014 von der Frontex-Mission Triton abgelöst worden.

Diese hat weniger Ressourcen zur Verfügung. Zudem patrouillieren die Boote hier nicht wie zuvor bis in libysche Gewässer, sondern sind nur vor der Küste Italiens unterwegs und sind vor allem für die Verteidigung der EU-Grenzen verantwortlich.

Die Beschlüsse des Krisentreffens der Außen- und Innenminister vom Montag seien ein Anfang, betonte Röttgen. Die Minister wollen mit einem Zehn-Punkte-Plan auf die wachsende Zahl der Schlepperboote reagieren. Der Plan, den EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos vorstellte, sieht unter anderem folgendes vor:
  • Eine Ausweitung der Such- und Rettungsaktivitäten nach Flüchtlingsbooten. Die Mission "Triton" der EU-Grenzkontrollagentur Frontex soll doppelt so viele Schiffe und finanzielle Mittel erhalten. Auch das Mandat der Mission soll erweitert werden. Bislang kreuzen die "Triton"-Patrouillen nur in italienischen Gewässern, fernab von vielen kenternden Schiffen aus Libyen. "Unsere Aufgabe ist bisher auf Grenzkontrolle beschränkt", erklärte eine Frontex-Sprecherin.
  • Nach dem Vorbild des Anti-Piraterie-Einsatzes vor der somalischen Küste sollen EU-Kriegsschiffe Schlepperboote zerstören, die zur Überfahrt von Flüchtlingen über das Mittelmeer genutzt werden.

Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) verlangte von der EU einen gemeinsamen Kraftakt, um die Flüchtlingstragödie im Mittelmeer zu stoppen. "Die Staats- und Regierungschefs müssen am Donnerstag die gleiche Entschlossenheit zeigen, die sie bei der Bewältigung der Finanzkrise demonstriert haben", sagte der SPD-Vorsitzende. "Es geht jetzt nicht um den Schutz der europäischen Außengrenzen, sondern um die Rettung von Menschenleben." Man brauche eine umfassende Marine-Operation, um die Flüchtlinge vor dem Ertrinken zu bewahren, forderte Gabriel.

Zudem müsse in den Abfahrtsländern der Schutz "vor skrupellosen Schleusern und Menschenhändlern" verstärkt werden. "Die menschliche Katastrophe auf dem Mittelmeer ist eine Angelegenheit von ganz Europa, nicht nur moralisch, sondern auch politisch."

"Mieses Geschäft" auf dem Rücken von Flüchtlingen

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte sich vor einigen Tagen noch zurückhaltend zu einer Ausweitung der Seenotrettung geäußert und gewarnt, dies spiele Schlepperbanden in die Hände. Am Dienstag betonte er nun, dass eine verstärkte Seenotrettung lediglich ein nötiger Schritt von vielen sei, um das Flüchtlingssterben im Mittelmeer zu beenden. Wichtig sei, härter gegen Schlepper vorzugehen. Diese betrieben ein mieses und widerliches Geschäft auf dem Rücken von Flüchtlingen. Gegen diese Organisationen anzugehen, sei aber nicht leicht. "Da sind schnelle Erfolge nicht zu erwarten."

De Maizière mahnte, man dürfe den Kampf gegen Schleuser und die Seenotrettung nicht gegeneinander ausspielen. " Beides gehört zusammen."
Karte mit den größten Flüchtlingsrouten über das MittelmeerZur Großansicht

SPIEGEL ONLINE

Karte mit den größten Flüchtlingsrouten über das Mittelmeer

Die italienische Polizei nahm in der Nacht zwei Männer fest, die für den Untergang eines Flüchtlingsbootes im Mittelmeer verantwortlich sein sollen. Der Kapitän und der erste Steuermann des Schiffes waren mit anderen Überlebenden des Unglücks nach Sizilien gebracht worden.

Der Staatsanwalt von Catania, Giovanni Salvi, ermittelt wegen mehrfacher fahrlässiger Tötung und Menschenhandel gegen die beiden Männer. Sie waren mit anderen Überlebenden des Unglücks nach Sizilien gebracht worden.

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