jeudi 2 avril 2015

Kontrollen nach Germanwings-Absturz: Das Problem mit der Passpflicht


Wenig Zeit? Am Textende gibt's eine Zusammenfassung.




Eine Idee von Thomas de Maizière (CDU) löst Empörung aus: Als "Spionageminister" wird er in sozialen Netzwerken geschmäht, als Politiker im "Überwachungswahn", der "Europa aufspalten" wolle - das sind nur einige der wütenden Kommentare. Harte Worte, große Aufregung - was war passiert? De Maizière wagte im Zusammenhang mit dem Germanwings-Absturz einen umstrittenen Vorstoß: Der CDU-Minister fordert verpflichtende Ausweiskontrollen auf Flügen innerhalb der EU, auch im Schengen-Raum, der eigentlich frei von Grenzkontrollen sein soll. Abgesehen von Großbritannien, Irland und Zypern gehören ihm alle EU-Staaten an.

Bislang können Airlines vor dem Boarding die Ausweise der Passagiere einfordern, sie müssen es aber nicht. Flugtickets können also unter Umständen weitergegeben oder verkauft werden, ohne dass es jemand merkt. Der Innenminister sieht darin ein gravierendes Sicherheitsproblem.


Die Germanwings-Ermittler hätten etwa einen Terroranschlag ausschließen müssen. Aber: "Es war zunächst gar nicht klar, wer überhaupt in dem Flugzeug saß", kritisiert er in der "Bild".


Gerade einmal zehn Tage liegt das Unglück zurück, Deutschland trauert um die Todesopfer, die Ermittlungen sind noch nicht annähernd abgeschlossen - und der Innenminister fordert schärfere Sicherheitsgesetze?


"Pietätlos", schimpft die Linken-Abgeordnete Ulla Jelpke, von "unausgegorenen Gedankenspielen" spricht der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz. Der Grünen-Europapolitiker Jan-Philipp Albrecht wirft dem Minister eine "reine Placebo-Reaktion auf eine menschliche Tragödie" vor.


Selbst beim Koalitionspartner ist man skeptisch, was die Rückkehr der Passpflicht angeht. "Eine Folge wären lange Wartezeiten für Millionen Flugpassagiere in Europa", sagte der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka SPIEGEL ONLINE. Er warnt vor einem "immensen zusätzlichen Aufwand". Lischka räumt ein, dass es Lücken im System gibt. Aber ob Ausweiskontrollen für alle Flüge in Europa die richtige Antwort sei, "erscheint fraglich".


Zusätzliche Qual für Angehörige der Opfer


Doch de Maizière weiß die Sicherheitsbehörden in dieser Frage auf seiner Seite. So herrschte bei den Germanwings-Ermittlern in Düsseldorf tagelang Ungewissheit darüber, wer tatsächlich an Bord der in den französischen Alpen abgestürzten Maschine gewesen war.


Nach SPIEGEL-ONLINE-Informationen erhielten die Behörden von der Fluggesellschaft mehrere Versionen einer Passagierliste, die sich teilweise widersprachen. Ständig musste die Lufthansa ihre Angaben korrigieren und aktualisieren.


Schon in einer frühen Lagemeldung der Polizei vom Unglückstag hatte es geheißen: "Da es sich um einen Schengen-Flug mit sehr reduzierter Passagierdatenerfassung handelt, müssen die Nationalitäten der Passagiere noch festgestellt werden."


Für Angehörige der Opfer muss die anhaltende Ungewissheit in einem solchen Unglücksfall eine zusätzliche Qual sein. Im Falle eines Terroranschlags wiederum wäre es den Ermittlern wohl nur schwer möglich gewesen, einen Täter zu identifizieren und mögliche Helfershelfer vor Gericht zu stellen.


Reisen ohne Pass bald unmöglich?


In der Union bekommt de Maizière auch deshalb viel Zuspruch. "Ich habe Sympathien für die Initiative des Bundesinnenministers", sagte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) am Donnerstag. Demnächst sollen Experten Ideen vorlegen, wie und ob man Katastrophen wie den Germanwings-Absturz künftig verhindern kann. Auf den Prüfstand kommen Gesundheitschecks für Piloten und die Sicherheit im Cockpit. Auch die Ausweispflicht soll Thema sein.


Die Erwägung einer Rückkehr der Ausweispflicht sei "auch aus Gründen der Gefahrenabwehr" sinnvoll, sagte der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach SPIEGEL ONLINE. Ähnlich argumentiert sein Kollege von der CSU, Stephan Mayer. "Die Ausweispflicht beeinträchtigt nicht die Freizügigkeit", verteidigte er die Pläne gegenüber SPIEGEL ONLINE.


Fluggesellschaften könnten durchaus verpflichtet werden, beim Boarding die Ausweise der Passagiere zu kontrollieren, so Mayer. Der CDU-Mann Bosbach pocht zugleich auf eine europäische Lösung: "Eine allein nationale Regelung würde wenig Sinn machen."


Genau da könnte die größte Schwierigkeit liegen - denn ohne die anderen EU-Staaten sind Deutschlands Pass-Pläne wohl kaum umsetzbar. Fakt ist: De Maizières Modell würde das Reisen ohne Pass, das viele Deutsche seit dem Schengener Abkommen genießen, für Fluggäste unmöglich machen.

Die EU-Kommission müsste den Plan aber tolerieren - solange die Ausweise auch auf deutschen Inlandsflügen kontrolliert würden. Wäre der Flug von Berlin nach München oder Düsseldorf dagegen weiter von der Passpflicht ausgenommen, verstieße Deutschland gegen EU-Recht.


Im Klartext: Wenn Deutschland eine europaweite Passpflicht will, muss es erst einmal die Regeln im eigenen Land verschärfen.




Zusammengefasst: CDU und CSU pochen auf eine Wiedereinführung von Passkontrollen - und zwar für alle Passagiere, die europaweit fliegen. In Opposition und SPD zweifelt man, ob das die richtige Antwort auf den Germanwings-Crash ist. In der Union stößt der Vorstoß auf Zuspruch. Ein Hauptargument: Mögliche Terroranschläge könnten besser aufgeklärt werden. Allerdings wäre die europaweite Umsetzung sehr schwierig.




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