mercredi 8 avril 2015

Festnahme vor Protest: China sperrt Sticker-Feministinnen weg


Wenig Zeit? Am Textende gibt's eine Zusammenfassung.




Sie werden schon mit Pussy Riot verglichen, den russischen Aktivistinnen, denen ein 40-sekündiges "Punk-Gebet" in der Moskauer Erlöserkirche eine Haftstrafe von zwei Jahren inklusive Straflager einbrachte. Fünf junge Feministinnen aus China sitzen seit einem Monat in Untersuchungshaft - weil sie eine Aktion planten, die aus westlicher Sicht harmlos, in der Volksrepublik aber höchstverdächtig erscheint. Sie wollten am Weltfrauentag Aufkleber und Flugblätter gegen Grapscher in der U-Bahn verteilen. Dazu kam es erst gar nicht, weil sie schon vorher festgenommen wurden. Jetzt sitzen sie im Gefängnis, bislang ohne Anklage.

Sie gelten als neues Gesicht für die Opfer von Repression in China: fünf Frauen, 25 bis 33 Jahre alt, die sich für Frauenrechte und Homosexuelle einsetzen. Fünf Frauen, denen es gar nicht um die großen "sensiblen Themen" ging, von denen es in China einige gibt, wie Tibet, Menschenrechte, Religion. Fünf Frauen, die mit ihrer kleinen Aktion daran erinnern wollten, dass auch in der Volksrepublik in öffentlichen Verkehrsmitteln begrapscht und belästigt wird.


Nach allem, was bekannt ist, wollten sie in Peking, Hangzhou und Guangzhou in der U-Bahn und in Bussen kleine Aufkleber und Flugblätter verteilen. Das war's. In China werden sie jetzt "die fünf Aktivistinnen" genannt. Und auch der Westen hat sie entdeckt: Die "New York Times" nannte sie die "Gesichter eines neuen und jungen Feminismus, der auch Spaß macht".


Protest ist, selbst wenn er Spaß macht, in China unerwünscht


Sie gehören sie zu einer losen Gruppe, die im Kampf für mehr öffentliche Frauentoiletten schon mal die Örtlichkeiten der Männer stürmt, sich die Schädel kahl rasiert oder im Hochzeitskleid durch Peking läuft - um ein Zeichen gegen häusliche Gewalt zu setzen.


Doch Protest ist, selbst wenn er Spaß macht, in China unerwünscht. Zu diesen Aktionen aus den vergangenen Jahren würden die Frauen jetzt plötzlich auch verhört, berichtet der Anwalt der 25-jährigen Li Tingting.


Jede Aktion im öffentlichen Raum, sei es auch nur das Verteilen von Aufklebern, sorgt für Nervosität im Sicherheitsapparat. Es war weniger das feministische Anliegen, das sie in U-Haft brachte, als die Tatsache, dass sie überhaupt eine Aktion planten.


Festgesetzt wurden sie mit der Begründung, sie hätten "Streit und Ärger provozieren" wollen - eine typische Formulierung, wenn es in China darum geht, Proteste zu verhindern. Am 8. März, dem geplanten Aktionstag, waren wegen der alljährlichen Sitzung des Nationalen Volkskongresses die Sicherheitsvorkehrungen in Peking besonders hoch. Auch andere Aktivisten wurden festgenommen, nach Ende des Kongresses jedoch wieder freigelassen. Nicht aber die Frauen.


Die bekannteste Aktivistin, die 26-jährige Wei Tingting, sitzt nun in der großen Haftanstalt Haidian im Westen der Hauptstadt. Sie setzt sich für Schwulen- und Lesbenrechte ein. An der Uni hat sie Regie geführt bei einer Inszenierung der "Vagina-Monologe" und eine jährliche Wanderung auf der Chinesischen Mauer zum Thema Aids-Awareness mitorganisiert.


Über Sex in der Öffentlichkeit zu reden, ist in China zuletzt deutlich schwieriger geworden. Das erfuhr etwa ein Sexualforscher, der von eifrigen Sittenwächtern mit Kot beschmiert wurde. Generell beklagen Menschenrechtler, dass mit dem Amtsantritt von Staatspräsident Xi Jinping vor zwei Jahren das Vorgehen gegen Bürgerrechtler verschärft wurde. Allein 2014 wurden laut einem NGO-Netzwerk knapp 1000 Aktivisten festgenommen.


Kampagne gegen "westliche Werte"


Die Frauen sind verbunden mit Yirenpeng, einer Nichtregierungsorganisation, die sich um die Rechte von Homosexuellen, AIDS-und Hepatitis-B-Kranken kümmert. Sie werden unter anderem von einer US-Stiftung finanziert. Das macht verdächtig in einem Land, dessen Regierung eine große Kampagne gegen "westliche Werte" in Schulen, Universitäten oder im Fernsehen fährt.


Und so ist auch Yirenpeng seit längerem im Visier der Behörden. Mehrfach wurden Büros durchsucht, zuletzt vor zwei Wochen in Peking.


Der Anwalt von Wei Tingting sagt, man habe ihr und einer weiteren Frau die Brille weggenommen. Ihrer Mitstreiterin Wu Rongrong würden Medikamente zur Behandlung ihrer Hepatitis verweigert.


Ihr Schicksal erregt große Aufmerksamkeit: Um die tausend Studenten sollen bereits ihren Namen unter eine Petition gesetzt haben, die die Freilassung der Frauen fordert - ein mutiger Schritt, da Konsequenzen drohen.

Auch im Ausland ist die Kampagne für die Frauen angelaufen. "New York Times" und "Guardian" forderten in Leitartikeln die Freilassung der Frauen. Die EU-Botschaft in Peking äußerte sich ähnlich. Auf Twitter gibt es den Hashtag #freethefive.


Am Dienstag schickte dann auch Hillary Clinton, die aller Voraussicht nach als US-Präsidentin kandidieren will, einen Tweet in der Causa ab: Das Verhalten Pekings sei unentschuldbar.




Zusammengefasst: Der Fall von fünf Feministinnen in China sorgt international für Aufmerksamkeit. Die Frauen wollten in öffentlichen Verkehrsmitteln Aufkleber und Flugblätter gegen sexuelle Belästigung verteilen - seitdem sitzen sie in Untersuchungshaft.






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