vendredi 17 avril 2015

Doppelmord an Maidan-Gegnern: Die Spur der Killer


Die Mörder lauerten dem Journalisten Oles Busina auf dem Weg zu seiner Wohnung auf.


Weil es Mittag war in Kiew, sah ein halbes Dutzend Zeugen zu, wie Busina sich zunächst mit den Armen vor den Kugeln zu schützen versuchte und dann zu Boden ging, neben einem Spielplatz. Die Mörder schossen ihm noch in den Kopf, um sicher zu gehen, dass er stirbt.

Busina war ein scharfer Kritiker der Regierung, ein Gegner der Maidan-Revolution, einer der prominentesten pro-russischen Publizisten in der Ukraine. Vor einigen Jahren kandidierte er bei Wahlen für den "Russischen Block".


Oles Busina: Scharfer Kritiker der Maidan-RevolutionZur Großansicht

DPA


Oles Busina: Scharfer Kritiker der Maidan-Revolution




Der Mord war das zweite Attentat auf einen führenden Kopf der Maidan-Gegner innerhalb von wenigen Stunden. Am Mittwochabend schossen Unbekannte Oleg Kalaschnikow nieder, einen einst führenden Funktionär der "Partei der Regionen" des gestürzten Präsidenten Wiktor Janukowytsch. Die Kugeln trafen Kalaschnikow an der Schwelle zu seiner Wohnung.


Die Taten geben Theorien neue Nahrung, die in Kiew und Moskau seit Wochen die Runde machen: Nimmt der Maidan Rache an Vertretern des alten Regimes? Oder handelt es sich um die Begleichung alter Rechnungen innerhalb des einstigen Regierungslagers? Werden Mitwisser ausgeschaltet, die Kenntnis hatten über korrupte Deals?


"Geschenk zu Weihnachten"

Oleg Kalaschnikow, der am Mittwoch erschossene Ex-Abgeordnete, hatte zu einem Gedenkmarsch am 9. Mai aufgerufen. Russland, aber auch viele Menschen in der Ostukraine, feiert an diesem Tag den Sieg über Hitlerdeutschland 1945. Die neue Führung in Kiew will des Kriegsendes dagegen lieber am 8. Mai gedenken, wie der Westen.


Kalaschnikow bekam Drohungen. Kurz vor der Tat berichtete er Freunden von einer Webseite, auf der zur Selbstjustiz aufgerufen wird. Dort finden sich auch ausführliche Steckbriefe prorussischer Kräfte. Kalaschnikows Adresse war dort angegeben, im Falle des Journalisten Busina sogar eine Handynummer. Beide Einträge waren erst vor wenigen Tagen angelegt worden. Der Autor nutzte das Pseudonym "404", im Internet ist das geläufig als Bezeichnung für einen "toten Link".


Oleg Kalaschnikow: Der Vertraute von Janukowytsch wurde am 15. April 2015 ermordetZur Großansicht

AP


Oleg Kalaschnikow: Der Vertraute von Janukowytsch wurde am 15. April 2015 ermordet




Nach den Morden brüstete sich das Rächer-Portal, man habe "Agent 404 für die erfolgreiche Ausführung eines Auftrags ein wertvolles Geschenk ausgehändigt".

Die Seite selbst trägt den makabren Namen "Peacekeeper" und führt insgesamt mehr als 9000 "Volksfeinde". Im "Fegefeuer" finden sich allerdings nicht nur Separatisten-Kämpfer und prorussische Politiker, sondern auch eine Internetnutzerin mit Wohnsitz in Deutschland, deren einziges erkennbares Vergehen offenbar das Teilen von "Antimaidan"-Propaganda ist.


Ukrainische Sicherheitsbehörden könnten den Betreibern der Seite detaillierte Informationen über mögliche Zielobjekte weitergegeben haben. Es handele sich um ein "Geschenk zu Weihnachten", hatte Anton Geraschenko, Berater des ukrainischen Innenministeriums, kurz nach dem Orthodoxen Weihnachtsfest verkündet. Jeder werde "bekommen, was er verdient".


Geraschenko selbst schob die Verantwortung für die beiden Attentate der Opposition in die Schuhe: "Das Abknallen von Zeugen des Antimaidan geht weiter." Als Antimaidan wurden Pro-Janukowytsch-Kundgebungen während der Revolution bezeichnet. Der ermordete Kalaschnikow soll sie laut Behördenangaben orchestriert haben.


Eine Parade politischer Morde


Die Morde geben Russlands gegen Kiew gerichtete Propaganda neue Nahrung. Präsident Wladimir Putin wurde am Donnerstag während einer Live-Sendung im TV über Businas Tod informiert. Zweifelsfrei handle es sich um einen "politischen Mord", wusste der Kreml-Chef. Es handle sich um eine "ganze Serie".


Putin stellte damit nonchalant einen Zusammenhang her zu den Selbstmorden einer Reihe ehemals hochrangiger Politiker. Ein Dutzend Funktionäre des Janukowytsch-Lagers haben in den vergangenen Monaten Suizid begangen: Einer stürzte nachts aus seiner Wohnung in der 17. Etage, ein anderer erhängte sich. Ein ehemaliger Gouverneur soll sich mit dem Gewehr getötet haben, durch einen Schuss durch den Hals. Janukowytsch-Anhänger zählen auch den Unfall-Tod eines Präsidenten-Sohnes zu dieser Serie: Der 33-Jährige Wiktor war mit seinem Auto auf dem Eis des Baikal-Sees eingebrochen. Weder ukrainische noch russische Behörden haben Anhaltspunkte für Fremdeinwirkung präsentiert.

Die Reaktion des Kiewer Regierungslagers auf die Morde an Busina und Kalaschnikow fiel kalt aus. Sie wirkte wie ein Echo der zynischen Statements, mit denen der Kreml das Attentat auf den russischen Oppositionsführer Boris Nemzow kommentiert hatte. Auch in Kiew ist nun die Rede von "sakralen Opfern" (Anton Geraschenko, Innenministerium), von einer "Parade politischer Morde", die nur Putin nutze (Wiktoria Sjumar, Partei "Volksfront"). Und Boris Filatow, Ex-Vizegouverneur und Mitglied der Regierungskoalition im Parlament, freute sich gar, man habe "noch ein Miststück" erledigt.


Präsident Petro Poroschenko versprach eine schnelle und transparente Aufklärung, legte sich aber zugleich auch fest, bei den Morden handele es sich um eine "Provokation". Worte des Mitgefühls für die Familien der Opfer fand er nicht.


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