mardi 7 avril 2015

Debatte über Strafvollzug: Historiker vergleicht Schlafentzug bei Middelhoff mit Stasi-Methoden


Die Haftbedingungen des früheren Top-Managers Thomas Middelhoff haben eine Debatte über den Alltag im Strafvollzug ausgelöst. Nach den Grünen kritisiert jetzt der Direktor der Stasi-Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen, Hubertus Knabe, den Umgang mit möglicherweise suizidgefährdeten Gefangenen.


"Was über die Behandlung von Thomas Middelhoff in der Justizvollzugsanstalt Essen bekannt geworden ist, erinnert mich an die Methoden des DDR-Staatssicherheitsdienstes", sagte Knabe SPIEGEL ONLINE am Dienstag. "Aus zahllosen Opferberichten über das Stasi-Gefängnis in Berlin-Hohenschönhausen weiß ich, wie zermürbend es ist, wenn in der Nacht alle paar Minuten das Licht angeschaltet wird." Das frühere Stasi-Gefängnis im Nordosten Berlins war nach dem Mauerfall in ein Informations- und Forschungszentrum umgewandelt worden.

Der frühere Arcandor-Chef Middelhoff sitzt derzeit in Essen wegen Fluchtgefahr im Gefängnis. Seine Anwälte erhoben in einer Haftbeschwerde schwere Vorwürfe. Spätestens jede Viertelstunde soll in Middelhoff Gefängniszelle das Licht angemacht worden sein, wochenlang, Tag und Nacht. Middelhoff soll auf diese Weise einen Monat lang indirekt zum Wachbleiben gezwungen worden sein. Nach Angaben seiner Juristen waren gesundheitliche Schäden die Folge.


Grüne sprechen von Menschenrechtsverletzung


Greift ein Gefängnis zu dieser aufwendigen Maßnahme, steckt dahinter folgender Grund: Man will sichergehen, dass sich der womöglich verzweifelte Insasse nicht umbringt. Der Leiter des Gefängnisses hatte in der "Bild am Sonntag" die Behandlung mit der Notwendigkeit begründet, einem möglichen Suizidversuch vorbeugen zu können. Tatsächlich ist diese Art der Überwachung in deutschen Gefängnissen erlaubt und verbreitet.


Gedenkstätten-Chef Knabe forderte alternative Sicherheitsmaßnahmen. "Es muss doch möglich sein, gefährdete Häftlinge mit modernen Technologien wie zum Beispiel Nachtsichtgeräten zu beobachten", sagte er weiter.

Zuvor hatten bereits die Grünen die Praxis der ständigen Zellenkontrolle in Frage gestellt. Andauernder faktischer Schlafentzug sei "eindeutig eine Verletzung der Menschenrechte und mit nichts zu rechtfertigen", sagte die Grünen-Politikerin Renate Künast SPIEGEL ONLINE.


Der 61-jährige Middelhoff war wegen Untreue und Steuerhinterziehung zu drei Jahren Haft verurteilt worden, sein Anwalt hat Revision eingelegt. Kürzlich meldete Middelhoff Privatinsolvenz an. Nach SPIEGEL-Informationen versuchte er offenbar vorher, Vermögen vor seinen Gläubigern zu retten.




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