lundi 9 mars 2015

Republikaner-Brief an Iran: Die Saboteure


Wenig Zeit? Am Textende gibt's eine Zusammenfassung.




Ein US-Präsident, der der Opposition "gemeinsame Sache mit den Hardlinern in Iran" unterstellt. Eine Opposition, die dem Teheraner Regime schriftlich erklärt, dass die Zusagen des US-Präsidenten nicht von Dauer sein werden.

So tragen die Republikaner und Barack Obama ihren Streit aus, während das Fristende für die Atomverhandlungen mit Iran naht:



  • Erster Akt in diesem Drama war der Auftritt des israelischen Premiers Benjamin Netanyahu vorm Kongress in der vergangenen Woche. Die Republikaner hatten ihn eingeladen, Obama war nicht informiert - und Netanyahu erklärte den US-Präsidenten zum quasi Wegbereiter der atomaren Bewaffnung Irans.



  • Im Zentrum des zweiten Akts steht ein Offener Brief von 47 Republikaner-Senatoren (nur sieben Kollegen machten nicht mit) an die "Anführer der Islamischen Republik Iran", datiert auf den 9. März.


Die 47 schreiben, ihnen sei "aufgefallen, dass Sie unser Verfassungssystem offenbar nicht ganz verstehen". Zwar verhandele der Präsident internationale Abkommen, doch ohne Ratifizierung durch den Kongress laufe nichts. Ohne Unterstützung des Parlaments könne Obama nicht mehr als ein Executive Agreement schließen, eine Art Regierungsvereinbarung. Die aber könne der nächste US-Präsident "mit einem Federstrich" aufkündigen (sehen Sie hier das Originaldokument).


Und zum Schluss legt die Gruppe der 47 noch Wert auf die Feststellung, dass Obama ohnehin bald nichts mehr zu sagen habe, denn dessen Amtszeit ende in zwei Jahren - "wohingegen die meisten von uns noch weit darüber hinaus im Amt bleiben werden, vielleicht Jahrzehnte".


Versuchte Sabotage


Das ist gleichermaßen eine Kampfansage an Obama als auch an Teheran. Vor allem aber ist es: Sabotage. Die Republikaner versuchen die internationale Autorität des Präsidenten auszuhöhlen, sie signalisieren den Verhandlungspartnern, dass Obama nur ungedeckte Schecks ausstellen kann. Das erklärt die Schärfe in der Reaktion des Präsidenten, der mit einem Iran-Deal Geschichte schreiben will (lesen Sie hier mehr zum Hintergrund der Verhandlungen).


Unter Republikanern kursiert dieser Tage der Spruch, Obamas mögliches Atomabkommen sei das "Obamacare" seiner zweiten Amtszeit, eine Anspielung auf die von Rechts mit Verve bekämpfte Gesundheitsreform. Heißt: Der Machtkampf zwischen Republikanern und Weißem Haus hat eine neue Stufe erreicht. Seit Netanyahus Auftritt wird er nicht mehr nur innenpolitisch, sondern auch auf internationaler Bühne geführt.


Tatsächlich ist die rechtliche Lage ein bisschen komplizierter, als es die Republikaner in ihrem Brief suggerieren. Denn selbst ein amerikanisches Executive Agreement - also ein nicht vom Senat abgesegnetes Abkommen - gilt im internationalen Recht als bindender Vertrag. So hat es der Congressional Research Service konstatiert, der wissenschaftliche Dienst des US-Parlaments.


Richtig ist, dass der nächste Präsident ein solches Atomabkommen wieder außer Kraft setzen kann. Die Frage ist nur: Wird er - oder sie - das auch tatsächlich tun? Sollte es zu einem Deal kommen, dann handelt es sich ja nicht allein um ein bilaterales Abkommen zwischen Iran und den USA, sondern um eine vertragliche Vereinbarung zwischen Iran und der internationalen Gemeinschaft, vertreten durch die fünf Uno-Vetomächte plus Deutschland (P5+1). Und was wäre dann die Alternative? Krieg? Das will wohl keiner der 47 Unterzeichner, darunter auch potenzielle Präsidentschaftskandidaten.

Der US-Kongress verfügt allerdings über ein Instrument, das Obama wirklich in Schwierigkeiten bringen könnte: Nur das Parlament kann letztlich die entscheidenden Sanktionen gegen Iran aufheben. Und die Strafmaßnahmen sind ja das zentrale Druck- und Lockmittel in der Atomdiplomatie.


Obamas Sprecher Josh Earnest markiert am Montag einen Ausweg für die US-Regierung: Sollte es zur Aufhebung von Sanktionen kommen, dann doch ohnehin nur "nach Jahren iranischer Folgsamkeit". Das Teheraner Regime müsse schon erst beweisen, dass es sich an internationale Vereinbarungen halte.


Auf den ersten Blick scheint eine solche Ansage die Verhandlungen ebenfalls zu gefährden: Würde sich Iran denn darauf einlassen, dass Sanktionen weiter bestünden? Sicher nicht. Und das weiß auch Earnest. Deshalb ist hier auf seine genaue Wortwahl zu achten: Er spricht von "Aufhebung" der Sanktionen. Ein Kunstgriff könnte nun darin liegen, dass der Kongress die Sanktionen zwar nicht aufhebt, Obama sie aber im Alleingang temporär aussetzt - um in dieser Zeit zu prüfen, ob sich Teheran an die Abmachungen hält.

Doch soweit sind die Verhandlungen noch nicht. Bis Ende März, so ist es vereinbart, soll eine Grundsatzvereinbarung mit Teheran erreicht sein. Obama wiederum hat seine ganz eigene Frist: Bis zum 24. März haben ihm kritische Senatoren aus der eigenen Partei Zeit gegeben, akzeptable Fortschritte zu präsentieren. Wenn nicht? Dann könnten sie unter anderem für neue Sanktionen stimmen - und würden damit Irans Islamisten einen möglichen Vorwand zum Verhandlungsabbruch liefern.


Für Obama wäre das vermutlich gefährlicher als jeder republikanische Sabotageversuch.




Zusammenfassung: 47 republikanische Senatoren haben einen "Offenen Brief" an das Teheraner Regime geschrieben, mit dem sie Obamas Atom-Diplomatie zu untergraben suchen. Das Weiße Haus wies die Einmischung zurück. Nun nähert sich die erste entscheidende Verhandlungsfrist: Bis Ende März muss eine politische Grundsatzvereinbarung mit Iran stehen.



Zum Autor


Sebastian Fischer ist seit August 2011 USA-Korrespondent von SPIEGEL ONLINE in Washington.

E-Mail: Sebastian_Fischer@spiegel.de


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