mardi 17 mars 2015

Möglicher Machtwechsel: Israel wählt, Netanyahu bangt


Wenig Zeit? Am Textende gibt's eine Zusammenfassung.




Jerusalem - Bis zuletzt kämpft Israels MinisterpräsidentBenjamin Netanyahu am Dienstag um Stimmen. Noch bei seinem Gang zur Urne warb der Premier am Dienstag um Stimmen für seine Likud-Partei: "Um zu verhindern, dass eine linksgerichtete Partei an die Macht kommt, muss man nur eine Sache machen, nämlich die Lücke schließen", so sein Appell. Sein erster Koalitionspartner werde die national-religiöse Siedlerpartei sein.

Israel steht möglicherweise vor einem Machtwechsel: In Umfragen hatte das Mitte-Links-Bündnis die Partei Netanyahus überholt. Die Wahlforscher sehen Netanjahus Likud bei 20 bis 22 Sitzen in der Knesset, das Linksbündnis bei 24 bis 26 der insgesamt 120 Mandate.


Premier Netanyahu bei der Stimmabgabe: "Die Lücke schließen"Zur Großansicht

AFP


Premier Netanyahu bei der Stimmabgabe: "Die Lücke schließen"




Die vorgezogene Parlamentswahl begann am Morgen, erste Prognosen werden unmittelbar nach dem Schließen der Wahllokale um 21 Uhr mitteleuropäischer Zeit erwartet. Knapp 5,9 Millionen Wahlberechtigte sind aufgerufen (alle Fakten zur Wahl finden Sie unten im Überblick), die Zusammensetzung der Knesset in Jerusalem neu zu bestimmen.

Am Vortag der Wahl hatte der 65-jährige Netanjahu eine Kehrtwende in seiner Palästinenser-Politik vollzogen: Er gab das Ziel auf, eine Zweistaaten-Lösung herbeizuführen. Damit will er offenbar die Unterstützung ultrarechter Wähler gewinnen.


Isaac Herzog von der Arbeitspartei, Chef von Israels Opposition, (Lesen Sie hier ein Porträt) warb im Wahlkampf mit dem Slogan "Alles außer Bibi". Der 54-jährige Herzog gab auch bereits am Morgen seine Stimme ab.

Herzog ist ein Wahlbündnis mit der liberalen Partei von Ex-Außenministerin Zipi Livni eingegangen. Auch er vollzog am Vorabend der Abstimmung eine Kehrtwende und erklärte ein Rotationsabkommen zwischen ihm und Livni für nichtig. Dieses sah vor, dass im Falle eines Sieges beide abwechselnd die Rolle des Ministerpräsidenten übernommen hätten. Diese Vereinbarung habe jedoch einige Wähler verprellt, begründete Herzog die Rücknahme der Vereinbarung.


Dass Herzog die Wahl gewinnen könnte, liegt vor allem daran, dass viele Israelis genug vom polarisierenden Stil ihres Premiers haben. Sie sind zudem besorgt wegen der wachsenden Ungleichheit und Armut in ihrem Land.


Komplizierte Koalitionsbildung


Der wahre Sieger der Abstimmung dürfte aber erst in einigen Wochen feststehen. Israels Parteienlandschaft ist stark zersplittert, deshalb wird die Bildung einer Koalition erwartet. Die kleineren Parteien können so maßgeblich mitbestimmen entscheiden, wer neuer Regierungschef wird.


Israels Präsident Reuven Rivlin verband seine Wahl mit einem Appell an die Bevölkerung. Seine Eltern hätten bei ihrer Stimmabgabe nach der Gründung Israels festliche Kleider getragen, um diesen Tag gebührend zu begehen, so Rivlin. "Auch heute feiern wir die Demokratie", sagte Rivlin in Jerusalem. "Ich rufe alle israelischen Bürger dazu auf, nicht nur zu feiern, sondern ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und die ihrer Meinung nach richtige Zukunft für ihren Staat zu bestimmen, jeder nach seinem Weltbild."


Netanjahu hatte die Wahlen vorgezogen, nachdem seine Mitte-rechts-Koalition Ende vergangenen Jahres nach weniger als zwei Jahren im Amt auseinandergebrochen war.



Wahlen in Israel 2015


Wer wählt ?


Wahlberechtigt sind alle israelischen Staatsbürger ab 18 Jahren, rund 5,9 Millionen Menschen.


Was wird gewählt?


Die Israelis stimmen nicht für einzelne Kandidaten, sondern jeweils für die landesweite Liste einer Partei oder eines Parteien-Bündnisses. Für die Wahl der 20. Knesset treten 26 Listen an. Benjamin Netanyahu steht auf dem Spitzenplatz der Likud-Liste, sein Rivale Isaac Herzog auf dem der Zionistischen Union.


Wer kommt in die Knesset?


Erstmals gibt es eine 3,25-Prozent-Hürde. Vorher waren es zwei Prozent. Liegt eine Liste darunter, wird sie nicht berücksichtigt. Für die Verbliebenen wird berechnet, für wie viele Stimmen es jeweils einen Sitz gibt und die Plätze entsprechend verteilt. Hat eine Partei danach Stimmen übrig, die nicht ganz für einen weiteren Sitz reichen, kann sie diese einer anderen Partei übertragen, wenn sie vor der Wahl entsprechende Vereinbarungen getroffen hat. Alle anderen werden nach dem D'Hondt-Verfahren verteilt, bis alle 120 Knesset-Sitze vergeben sind.


Wer bildet die Regierung?


Bisher hatte noch nie eine Partei die absolute Mehrheit von 61 Sitzen. Israels Präsident gibt dem Knesset-Mitglied, dem er die besten Chancen einräumt, den Auftrag, eine Koalition zu bilden mit mindestens 61 Sitzen. Normalerweise ist dies der Chef der größten Fraktion. Dafür hat dieser Abgeordnete 28 Tage Zeit, die auf bis zu insgesamt 42 Tage verlängert werden können. Gelingt dies nicht, kann der Präsident einem anderen Knesset-Mitglied 28 Tage Zeit geben. Bisher ist es immer gelungen, eine Koalition zu bilden. Der Präsident kann auch eine Einheitsregierung empfehlen mit wechselnden Premierministern. Doch es bleibt den Parteien überlassen, ob sie dieser Empfehlung folgen.





Zusammengefasst: Die Wahl in Israel hat begonnen. Premier Benjamin Netanjahu droht der Machtverlust. Sein Herausforderer Isaac Herzog liegt mit seinem oppositionellen Mitte-Links-Bündnis letzten Umfragen zufolge vor Netanjahus Likud-Partei. Erste Prognosen werden nach Schließung der Wahllokale um 21 Uhr mitteleuropäischer Zeit erwartet. Eine Regierungskoalition wird aber erst in einigen Wochen stehen, da die Parteienlandschaft stark zersplittert ist.






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