vendredi 13 mars 2015

IS-Geiseln - Warum die Todgeweihten so ruhig bleiben


Muhammad Musallam kniet im Gras und blickt ruhig in die Kamera. Hinter dem arabischen Israeli stehen ein bärtiger Mann und ein Junge, beide in Tarnanzügen. Dann stellt sich das Kind mit einer Pistole vor das Opfer, um ihn zu erschießen. Selbst im Angesicht des Todes bleibt der 19-jährige Israeli völlig gelassen.



Diese Szenen stammen aus dem neusten Propagandafilm der Terrormiliz Islamischer Staat (IS). Wie die früheren Horror-Videos ist auch dieses hoch professionell hergestellt. Und auch dieses Mal scheint die todgeweihte Geisel keine Angst zu haben.


Proben für einen Propagandafilm


Bereits bei den früheren IS-Videos stellten sich Experten die Frage, woher das kommt. Nun liefert ein Zeuge die Antwort. Ein ehemaliger IS-Dschihadist, der sich Saleh nennt, gab dem amerikanischen News-Chanel «Sky News» ein Interview.


Saleh erzählte, er habe als Übersetzer gearbeitet, als er vom IS angeheuert wurde. Seine Aufgabe bestand darin, den Geiseln die Angst zu nehmen, es würde ihnen etwas angetan. Er versicherte ihnen, dass sie auf keinen Fall getötet würden.


Falsches Gefühl der Sicherheit


Auch bei den Filmaufnahmen war Saleh dabei. Er sagte den Geiseln, dass sie an Proben für einen Propagandafilm teilnähmen. «Kein Problem, es geht nur um ein Video, wir werden dich nicht töten. Wir fordern von deiner Regierung, mit den Angriffen gegen Syrien aufzuhören. Mit dir haben wir kein Problem, du bist unser Gast», pflegte Saleh jeweils zu sagen. Doch er wusste, dass die Geiseln irgendwann tatsächlich ermordet wurden.


Laut Saleh machten die Todgeweihten mehrere solcher Filmproben durch und gewöhnten sich so an die Situation. Aber auch im Alltag wurde den Geiseln ein falsches Gefühl von Sicherheit vermittelt. Man gab ihnen beispielsweise arabische Namen, damit sie dachten, sie seien unter Freunden. Kenji Goto etwa soll den Namen Abu Saad erhalten haben.


Angst und Trotz sind schlechte PR


Doch warum diese Lügen? Weil der IS von den Enthauptungsvideos aus dem Irak-Krieg gelernt hat, vermutet ein Terror-Experte gegenüber der Zeitung Washington Post. Mit Geiseln, die wissen, dass sie gleich getötet werden, könne man keine Ermordung inszenieren, sagte Shashank Joshi, ein ehemaliger Mitarbeiter des britischen Geheimdienst-Thinktanks Royal United Services Institute.


Auf den alten Al-Kaida-Ermordungs-Filmen könne man sehen, dass sich Todgeweihte völlig unberechenbar verhalten, so Experte Joshi weiter. Manche flehen um ihr Leben wie etwa ein Südkoreaner aus dem Jahr 2004. Seine Angst löst bei den Zuschauern Mitgefühl aus. Andere gehen ungebrochen in den Tod wie ein Italiener vor über zehn Jahren. Dieser soll sich die Maske vom Kopf gerissen und fast trotzig gerufen haben: «Jetzt könnt ihr alle sehen, wie ein Italiener stirbt.» Beide Versionen wären schlechte Propaganda für den IS.


Sie ahnten nichts


Die Aussagen des Deserteurs Saleh konnten nicht verifiziert werden. Doch sie entsprechen den Aussagen von Experten, die die stoische Ruhe früherer todgeweihten IS-Geiseln ähnlich erklärt hatten. Die Männer blieben ruhig, weil sie bereits die Situation zu kennen glaubten.


Auch im neusten IS-Video, in dem der Israeli Muhammad Musallam von einem Jungen erschossen wird, blieb der angebliche Mossad-Spion verblüffend gelassen. Warum? Weil er nicht damit rechnete, dass er sterben würde.


(L'essentiel/kmo)






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