lundi 2 mars 2015

Fußball in den 70ern - Konkrete Doping-Vorwürfe gegen Bundesliga-Clubs


Im deutschen Profifußball gibt es offenbar erstmals Beweise für systematisches Anabolika-Doping. Der VfB Stuttgart und der SC Freiburg sehen sich mit schweren Vorwürfen der Evaluierungskommission Freiburger Sportmedizin konfrontiert. In den späten 1970er und frühen 1980er Jahren habe beim Bundesligisten VfB «in größerem Umfang» sowie in kleinerem Umfang beim damaligen Zweitliga-Club aus Freiburg Doping eine Rolle gespielt.



VfB Stuttgart:

«1. Dem VfB Stuttgart liegt das angesprochene Gutachten der Evaluierungskommission Freiburger Sportmedizin nicht vor. Aus diesem Grund kann nach dem derzeitigen Kenntnisstand seitens des VfB Stuttgart nicht nachvollzogen werden, worauf die Vorwürfe fußen beziehungsweise ob und wenn ja in welcher Form sie zutreffend sind.

2. Der von der Evaluierungskommission angegebene Zeitraum liegt mehrere Jahrzehnte zurück. Entsprechend schwierig ist es zum jetzigen Zeitpunkt für den VfB Stuttgart, damalige Abläufe und eventuelle Behandlungen durch externe Mediziner nachzuvollziehen.

3. Festzustellen ist, dass Prof. Klümper zu keinem Zeitpunkt Vereinsarzt des VfB Stuttgart war.

4. Der VfB Stuttgart ist im Sinne eines sauberen Sports an der lückenlosen Aufklärung des Sachverhaltes interessiert.»


SC Freiburg:

«Dem SC Freiburg liegen bisher nur die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehenden beiden Dokumente einer Pressemitteilung und eines Abstracts vor, aber keine ausführlichen Ermittlungsergebnisse oder Gutachten. Von daher lässt sich aus Sicht des Vereins aktuell nicht bewerten, wem die genannte Lieferung galt und wer sie angeordnet hat. Unabhängig davon wird der SC Freiburg die Aufklärungsarbeit der von Prof. Letizia Paoli geleiteten Kommission komplett unterstützen und alles dafür tun, damit die Vorgänge der damaligen Zeit aufgeklärt werden können. Der Sport-Club als Bundesliga-Verein erteilt jeglichen Maßnahmen zu Medikamentenmissbrauch und unerlaubter Leistungssteigerung eine klare Absage.»


Doping-Einzelfälle hatte es in der Geschichte des deutschen Fußballs bereits mehrfach gegeben. Über flächendeckende Vergehen gab es bislang nur Spekulationen aufgrund von Verdachtsmomenten, die aber von den Beteiligten stets bestritten wurden.


Akten sollen Doping beweisen


Nun will die Untersuchungskommission zur Aufarbeitung der Doping-Vergangenheit an der Universität Freiburg jedoch Belege in der Hand haben. Demnach lasse sich Anabolika-Doping «in systematischer Weise» anhand neuer Aktenbestände «erstmals auch für den Profifußball in Deutschland sicher beweisen».


Das schreibt Kommissionsmitglied Andreas Singler in einer offenbar nicht mit dem Gremium abgestimmten Mitteilung vom Montag. Die Vorsitzende der Kommission, Letizia Paoli, bestätigte in einer eigenen Mitteilung aber die inhaltliche Korrektheit der Doping-Vorwürfe, die sich sowohl gegen den Fußball als auch den Radsport richten. Singler habe von sich aus mit der Zustellung der Mitteilung seinen Rücktritt aus der Kommission angeboten, teilte Paoli weiter mit. Die Kommission werde dazu beraten.


Auch Radfahrer unter Beschuss


Die Auswertung von Ende 2014 dem Staatsarchiv Freiburg übergebenen Akten der Staatsanwaltschaft Freiburg zum 1984 eröffneten und 1989 mit einer Geldstrafe abgeschlossenen Strafverfahren gegen Klümper lasse zudem den Schluss zu, «nicht nur großflächige, wenn nicht flächendeckende Dopingaktivitäten des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) zu beweisen», heißt es in Singlers Mitteilung.


Demnach fand Doping vor allem «mit anabolen Steroiden» im BDR zwischen 1975 und etwa 1980 nicht nur in fast flächendeckender Manier auf Veranlassung von Klümper statt. «Dieses Doping wurde, wie hier erstmals bewiesen werden kann, auch vom BDR aus einem eigenen 'Ärzteplan' finanziert.» Klümper lebt mittlerweile zurückgezogen in Südafrika und war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.


60-seitiges Sondergutachten


Die neuen Erkenntnisse zum Doping wurden in einem rund 60-seitigen Sondergutachten zusammengefasst, wie Singler in seiner Mitteilung weiter schrieb. Die Kommission werde demnach in den nächsten Wochen darüber beraten, ob sie diesen Text als Zwischenbericht vielleicht noch vor Abschluss sämtlicher Arbeiten veröffentlichen wolle.


Zuletzt hatte im Sommer 2013 eine Doping-Debatte die Bundesliga zum Beginn ihrer 51. Spielzeit beschäftigt. Aufgerüttelt durch eine Doping-Studie der Humboldt Universität und der Universität Münster, die den deutschen Fußball und speziell das WM-Team von 1966 unter Verdacht stellt, wurde das lange tabuisierte Thema intensiv diskutiert. Der Deutsche Fußball-Bund hatte Doping beim damaligen Vize-Weltmeister bestritten.


(L'essentiel/dpa)






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