Er hält das Fläschchen zwischen seinen Vorderpfoten. Dann schnappt er nach dem Sauger, schließt die Augen und trinkt. Es dauert nicht lange, dann ist die Milch weg. Verschwunden im Löwenbauch. «Malor hat einen guten Hunger», sagt Isabelle Wallpott mit dem kleinen Löwen auf dem Arm. Die Leiterin des Eifel-Zoos in Lünebach ist seit Mitte Februar Malors Ersatzmama. Denn Löwenmutter Lira hat ihren Nachwuchs nach der Geburt vor gut vier Wochen verstoßen. «Sie hat sich nicht gekümmert», sagt die 34-Jährige. Seitdem wohnt das Löwenbaby bei Wallpotts zu Hause im Wohnzimmer.
Tippi Hedren und der Löwe Neil
Malor hat seinen Namen nicht ohne Grund bekommen, erzählt die Tierpflegerin und lässt den Kleinen auf dem Boden herumtapsen. Er sei «ein Malheurchen» gewesen, denn eigentlich hätte seine Mutter gar nicht trächtig werden sollen: «Sie hatte mit einem Implantat verhütet, aber das hat ja wohl nicht geklappt.» Und da «Malheurchen» kein angemessener Name für einen Löwen ist, ist dann Malor daraus geworden. Der für alle im Zoo ein Überraschungskind war.
«Wir dachten, es sei tot»
«Wir wussten nichts von der Schwangerschaft», erzählt die gebürtige Kölnerin. Eines Tages habe das Baby im Innenraum des Löwengeheges regungslos gelegen. «Wir dachten anfangs, es sei tot.» Es habe sich nicht bewegt, sei mit seinen rund 750 Gramm vielleicht ein Frühchen gewesen. «Doch plötzlich hat ein Ohr gezuckt», sagt Wallpott. Sie habe das kleine Wesen sofort auf eine Heizung und unter eine Wärmelampe gelegt - und dann habe es auf einmal wieder regelmäßig geatmet.
Heute geht es dem hellbraunen, gescheckten Löwen prima - er bringt bereits satte vier Kilo auf die Waage. Etwa sechs Fläschchen Katzenaufzuchtmilch verputzt er am Tag. Auch nachts brüllt er vor Hunger: Deshalb schläft Wallpott bei Malor im Wohnzimmer auf dem Sofa. «Es ist schon anstrengend», räumt sie ein. Neben dem Zoo mit 450 Tieren in Lünebach versorgt sie noch ihre Tochter, vier Katzen und zwei Hunde in ihrem Haus in Lierfeld. Glücklicherweise verstehen sich alle gut.
Kein Einzelfall
Natürlich werde der kleine Malor auch gestreichelt und gekrault. «Ich passe aber auf, dass es nicht zu viel wird. Denn er ist und bleibt ein wildes Tier», sagt sie. Er müsse sich später gegen seine Artgenossen durchsetzen können. Bislang sei er mit seinen wenigen Zähnchen aber nicht gefährlich.
Wann er wieder zu Löwin Lira und Löwe Nazir zurückkönne, ist noch offen. Es könnte gut sein, dass es ein Jahr dauere, meint Wallpott. Ab voraussichtlich Ende März soll Malor einmal täglich eine halbe Stunde im Zoo gezeigt werden.
Nicht überlebensfähig
Dass Löwenbabys von Menschen aufgezogen werden, passiert öfter. 2011 sprang im Zoo Neuwied eine Tierpflegerin für drei Löwenbabys ein. Deren Mutter hatte sie per Kaiserschnitt zur Welt gebracht und konnte nach der Geburt keine Beziehung zu ihnen aufbauen. Auch dass Löwinnen ihre Babys verstoßen, kommt immer wieder vor, sagt Tierexperte Mario Ludwig aus Karlsruhe. Und zwar in freier Wildbahn genauso wie im Zoo. Dafür könne es mehrere Gründe geben, erklärt der Biologe. Etwa bei Erstgebärenden, deren Muttergefühl noch nicht stark ausgeprägt sei.
Mütter mit schwachen oder kleinen Babys ließen diese auch liegen, weil sie spürten, dass sie nicht überlebensfähig seien. Bei großen Würfen bleibe im Kampf um die Milch oft der Schwächste zurück. «Löwinnen sind aber deshalb nicht generell böse», sagt Ludwig. Es passiere bei allen Säugetieren, dass Babys hin und wieder aufgegeben würden.
Malor ist das erste Baby von Löwin Lira. «Mir ist schon klar, dass er etwas ganz Besonderes ist», sagt Wallpott, hebt ihn vom Boden und trägt ihn zum Laufstall. Neben seinem Kuscheltier, einem Tiger, lässt er sich den Bauch kraulen, bevor er dann unter der Wärmelampe einschlummert.
(L'essentiel/dpa)
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