lundi 9 mars 2015

Boko Haram und IS: Terrorpakt für einen Gottesstaat


Wenig Zeit? Am Textende gibt's eine Zusammenfassung.




Berlin - Nun ist es also offiziell: Abubakar Shekau, einer der Anführer von Boko Haram, hat Abu Bakr al-Baghdadi seine Loyalität versprochen. Noch hat der Chef der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) den Treueschwur nicht angenommen, eine solche Erklärung dauert meistens mehrere Wochen. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass Baghdadi zustimmt. Damit wird auch in deutschen Sicherheitskreisen gerechnet, wo ein "offizielles Bewerbungsschreiben" von Boko Haram nach einer Phase der Annäherung in den vergangenen Wochen als "erwartbarer Schritt" bezeichnet wurde. Denn für beide Seiten wäre eine Kooperation fruchtbar: Boko Haram erhofft sich durch die Zusammenarbeit Zulauf von radikalen Dschihadisten, die allein der weltweite Ruf des IS anziehen dürfte, zudem eine Einbindung in den weltweiten Dschihad. Bisher nämlich wird Boko Haram vor allem als regionale Miliz in Nigeriawahrgenommen - rund 4000 Kilometer vom IS in Syrien und im Irak entfernt.

Der IS hingegen dürfte an einer Expansion in die Sahelregion interessiert sein. Zudem stellt der Treueid von Boko-Haram-Anführer Shekau, einem der bekanntesten Dschihadisten der Welt, einen unschätzbaren Propaganda-Erfolg für den IS dar, so die Deutung in Sicherheitskreisen. Und nicht zuletzt verbindet beide Gruppen ihre Brutalität und das gemeinsame Ziel: die Schaffung eines vermeintlichen Gottesstaats.


Dennoch, der Treueeid von Boko Haram könnte den IS grundlegend verändern: Anfangs konzentrierten sich die Islamisten nur auf den Ausbau eines "Kalifats" im Irak und in Syrien, dorthin wurden Dschihadisten und ihre Familien aus aller Welt gelockt. Doch nun gerät die Organisation in ihrer Kernregion durch die Offensive der Kurden und der irakischen Armee zunehmend unter Druck. Gleichzeitig ergeben sich in anderen Regionen Möglichkeiten zur Expansion - etwa in Libyen, wo der Bürgerkrieg andauert und ein Machtvakuum besteht.


Die Dschihadisten passen sich an: "IS 2.0"


"Der IS reagiert auf die sich ändernden Umstände", schreiben die Analysten des Risikoanalyse-Unternehmens "Soufan Group". Sie sprechen inzwischen von einem "IS 2.0": Eine neue Phase sei erreicht, in der die Organisation sich darauf konzentriere, "nicht zusammenhängende Staaten" zu schaffen.


Gemeint ist das Prinzip "Wilayat", das arabische Wort für Provinzen. So nennt der IS inzwischen nicht nur Gebiete innerhalb Syriens und des Iraks, sondern auch außerhalb seiner Kernregion. Um als IS-Provinz zu gelten, reicht es aus, dass eine Dschihadistengruppe dort der Terrormiliz die Treue schwört und der Schwur offiziell angenommen wird.


Der IS zählt zurzeit Gebiete in mehreren Ländern zu seinen internationalen Provinzen:



  • in Libyen

  • Ägypten (Sinai)

  • Jemen

  • Saudi-Arabien

  • im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet.


Ernsthaft aktiv geworden sind bislang allerdings nur die Milizen in Libyen und auf dem Sinai.


Für Al-Qaida sind Ableger Mittel zum Zweck, für den IS das Ziel


Internationale Ableger, zum Beispiel im Jemen und in Nordafrika, gründete auch das Terrornetzwerk al-Qaida. Allerdings unterschieden sich diese deutlich von der Wilayat-Strategie des IS, erläutert der Dschihad-Forscher Aaron Y. Zelin: Al-Qaida wolle seine Filialen nutzen, um Attentate auf westliche Länder zu organisieren. Dem IS dagegen ginge es aber darum, in anderen Regionen sein Kalifat auszuweiten. Für den IS also sind die Ableger selbst das Ziel, für al-Qaida hingegen das Mittel zum Zweck.


Ob der IS seine Provinzen tatkräftig unterstützen will wie al-Qaida, ist unklar. Das Terrornetzwerk hilft seinen regionalen Ablegern mit Geld, Knowhow und Waffen. Dass ein solcher Austausch auch zwischen Boko Haram und dem IS geplant sein könnte, darüber ist bislang nichts bekannt.

Erste Effekte der Partnerschaft sind aber bereits zu sehen: So ist die Medienarbeit von Boko Haram in den vergangenen Wochen professioneller geworden. Inszenierung und Bildbearbeitung der Internet-Postings gleichen plötzlich auffällig den aufwändigen IS-Produktionen. Noch deutlicher wurde das, als vor einigen Wochen al-Baghdadi, der Emir des "Islamischen Staats", in einem Video auftauchte und für den IS typische "Nasheeds", so nennen die Milizen ihre Kampflieder, zu hören waren. Für die Behörden ist deswegen eine direkte Unterstützung der Boko Haram-Medienarbeit durch den IS "naheliegend".


Doch selbst ohne eine direkte Zusammenarbeit lohne sich ein Bündnis für den IS und für Boko Haram, glauben die Experten der "Soufan Group". "Sie wollen das Schreckgespenst erzeugen, dass die zwei berüchtigtsten Terrorgruppen der Welt ihre Kräfte bündeln", heißt es in ihrer Analyse. Denn das locke neue Unterstützer an und schüchtert die Gegner ein.







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