mardi 10 mars 2015

Aufregung um Clintons E-Mails: Reply all


Das Uno-Hauptquartier in New York ist einer der exotischsten Orte, den man sich für solch eine Pressekonferenz aussuchen kann. Gerade haben sie noch die Fahnen der Sicherheitsratsmitglieder beiseite räumen lassen, dann stellt sich Hillary Clinton vor eine blaue Wand, auf der "Security Council" steht.


Und Hillary Clinton redet über ihren E-Mail-Account.

Aber halt, nicht so schnell. Denn erst einmal berichtet sie von der Uno-Frauenkonferenz, vor der sie gerade eine Rede in Sachen Gleichberechtigung gehalten hat. Deshalb ist sie ja hier.


Dann - Themensprung - knöpft sie sich jene 47 Republikaner-Senatoren vor, die Obamas Atom-Diplomatie zu sabotieren suchen. Und schließlich sagt sie, ach, sie würde gern noch länger über Iran reden, diese wichtige Angelegenheit. Aber hilft ja nichts. Es gebe da "Fragen bezüglich meiner E-Mails".


Zugegeben, das ist ein genialer Einstieg. Hier die große Weltpolitik, das Uno-Hauptquartier, die blaue Wand, die Ex-Außenministerin und Präsidentschaftsbewerberin in spe. Und auf der anderen Seite diese Sache mit der E-Mail-Adresse. Hillary Clinton hat sich, davon können wir ausgehen, diesen Ort und dieses Setting bewusst ausgesucht: Um zu zeigen, wie mickrig und bieder dieser seit einer Woche währende Streit eigentlich ist (Lesen Sie hier die Hintergründe).


Aber stimmt das denn auch? Alles nur die üblichen Washingtoner Politspielchen?


Nein, so ist es nicht. Wenn Hillary Clinton Präsidentin werden will, dann spielt es durchaus eine Rolle, wie sie es mit der Transparenz hält - und wie sie mit Kritik an ihrem Vorgehen umgeht. Man sollte sich nicht der optischen Täuschung von New York hingeben und das für kleinkariert halten.


Seit einer Woche stellen sich insbesondere zwei Fragen:



  • Warum hat Clinton während ihrer Zeit als Außenministerin ausschließlich ihr privates Mailkonto hdr22@clintonemail.com für dienstliche Zwecke genutzt?

  • Warum hat sie ihren eigenen Server daheim im Wohnhaus betrieben?


Clinton muss nun darauf eingehen, will sie nicht dabei zusehen, wie die Causa Clintonemail zur Belastung einer künftigen Präsidentschaftsbewerbung wird. Längst attackieren die Republikaner heftig, wärmen das Narrativ von Clinton als vermeintlich notorischer Geheimniskrämerin auf.


Hinzu kommt die von den Gegnern befeuerte Debatte um Spenden ausländischer Regierungen an ihre Familienstifung. Es geht um Millionengaben von Saudi-Arabien, Katar und Co. - Staaten also, in denen es zum Beispiel um die Frauenrechte ganz und gar nicht gut steht.


Clinton vor der blauen Wand sagt nun, im Rückblick wäre es wohl besser gewesen, zwei getrennte E-Mail-Accounts gehabt zu haben, einen privaten, einen dienstlichen. Gegen gültige Regeln allerdings habe sie zu keiner Zeit verstoßen. Ihre Rechtfertig geht so:



  • Sie habe sich "aus Bequemlichkeit" für einen privaten Account entschieden, um nicht zwei Geräte mit sich herumtragen zu müssen.

  • Da ein Großteil ihrer E-Mails ohnehin an die dienstlichen Adressen ihrer Mitarbeiter im Außenministerium gingen, seien die Nachrichten auf diese Weise bereits gespeichert. Somit habe sie den damals geltenden Vorschriften genüge getan. Damals galt, dass von Privatadressen verschickte E-Mails "in einem angemessenen Archivierungssystem" der Behörden aufbewahrt werden. In Clintons Argumentation ist dieses Archivierungssystem der Posteingang ihrer Mitarbeiter.

  • Sie habe zudem auf Bitten des Ministeriums im vergangenen Jahr 55.000 Seiten mit dienstlichen E-Mails von ihrem Privatserver übermittelt.

  • Ihre privaten Mails, die unter anderem von der Hochzeit ihrer Tochter Chelsea oder Yoga-Stunden handelten, habe sie "nicht behalten", mag heißen: gelöscht.

  • Das Außenministerium solle die von ihr übermittelten Mails veröffentlichen, dann bekomme Amerika einen "einzigartigen Einblick".

  • Insgesamt habe sie über hdr22@clintonemail.com rund 60.000 E-Mails gesendet und empfangen, die Hälfte davon sei privaten Inhalts gewesen.


Hat Clinton tatsächlich ihre als privat deklarierten Mails gelöscht, dann ist das natürlich ihr gutes Recht. Diese Aktion wird aber die Kritiker nicht verstummen lassen. Denn dass der Inhalt harmlos und keineswegs dienstlich war, kann sie jetzt nicht mehr belegen. Clinton beteuert, dass sie keine dienstliche E-Mail gelöscht habe. Zugriff auf ihren Privatserver will sie aber nicht gewähren, man müsse ihr vertrauen: Es sie ihr Recht und ihre Verantwortung gewesen, die Mails zu sortieren. Und Geheimmaterial? Habe sie nie versendet.

Vor blauem Uno-Setting gibt Clinton die eiserne Lady: Ihr Ton ist entschieden, die entscheidenden Aussagen liest sie vom Blatt ab, Fehler gesteht sie de facto nicht ein, der Server bleibt tabu. Zwanzig Minuten und zehn Fragen währt der skurrile Auftritt. Die Reportermeute ruft ihr noch viele Fragen hinterher.


Clinton winkt und lächelt und verschwindet langsam in den Gängen der Uno. Die Debatte hat sie mit diesem Auftritt vermutlich nicht beendet.






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