dimanche 8 mars 2015

Schwesigs Frauenpolitik: Jetzt geht's ums Geld


Wenig Zeit? Am Textende gibt's eine Zusammenfassung.




Berlin - Wer seine Vorhaben in der Politik umsetzen will, braucht Talent zur Inszenierung. Das weiß auch Manuela Schwesig. Pünktlich zum Internationalen Frauentag reist sie nach New York, vor der Uno-Frauenrechtskommission wird sie eine Rede halten. In knapp zwei Wochen will sie am Brandenburger Tor sprechen. Die Familienministerin ist unterwegs in Sachen Gleichberechtigung. Großes Ziel, große Bühnen. Es läuft derzeit nicht allzu schlecht für die Sozialdemokratin. Lange belächelt, entwickelt sich die 40-Jährige zu einem der umtriebigsten Kabinettsmitglieder. Elterngeld, Familienpflegezeit, Prostitutionsgesetz - kaum eine Woche vergeht, ohne dass ein Thema aus ihrem Bereich aufgerufen wird. Erst kürzlich feierte sie ihren größten Erfolg: Der Bundestag beschloss die von ihr ausgehandelte Frauenquote. "Historisch", schwärmt Schwesig.

Auch in der SPD-Führung hat man erkannt, wie wichtig die Ministerin in den kommenden Jahren noch werden könnte. Das Image der Partei ist schlecht. Schwesig Ruf ist nicht viel besser, gerade mal der Hälfte aller Deutschen ist sie ein Begriff. Aber ihre Gesellschafts-Themen sollen helfen, die Reputation der SPD zumindest ein Stück weit wiederherzustellen. Zudem soll die Ministerin die Christdemokraten auf ein Feld ziehen, auf dem sie sich klassischerweise schwer tun. Quälgeist Schwesig.


Die Wirtschaft rebelliert, die Union bremst


Tatsächlich sind führende Unionspolitiker inzwischen schwer genervt von der Sozialdemokratin mit dem großen Sendebewusstsein. Im Streit um die Frauenquote legte sich Fraktionschef Volker Kauder öffentlich mit der Ministerin an. Auch bei Schwesigs neuestem Vorhaben, dem Projekt mit dem schönen Namen "Entgeltgleichheitsgesetz", ist der Wille zur konstruktiven Mitarbeit in der Union unterausgeprägt. Es ist nämlich so: Je mehr frauenpolitische Initiativen die Familienministerin umsetzt, desto stärker gerät die Union bei der Wirtschaft in Erklärungsnot. Das muss ja eigentlich nicht sein, findet die Union.


Nur liegt das Gehaltsgefälle zwischen Männern und Frauen eben noch immer bei rund 20 Prozent und im Koalitionsvertrag ist vereinbart, diesen unhaltbaren Zustand zu verändern. Wann genau - das ist offen. Schwesig hat angekündigt, schon bald erste Eckpunkte vorlegen zu wollen und bis Ende des Jahres ein fertiges Gesetz zu haben. Die Wirtschaft war von dieser Ansage nicht sonderlich begeistert. Mit dem geplanten Regelwerk schaffe man ein "Bürokratiemonster", hieß es.


In der Union tritt man vorsichtshalber auf die Bremse. In der vergangenen Woche ließ Kauder nach SPIEGEL-Informationen seinen SPD-Kollegen Thomas Oppermann wissen, dass er nicht daran glaube, das Entgeltgleichheitsgesetz in diesem Jahr noch umsetzen zu können. Der SPD kommen solche Aussagen durchaus gelegen. Streit bei diesem Thema ist aus Sicht von Parteichef Sigmar Gabriel ausdrücklich erlaubt. Dass Frauen für gleiche Arbeit im Schnitt immer noch um so viel schlechter bezahlt werden als Männer, nennt er eine "Schande".


"Diese Macho-Politik passt nicht ins 21. Jahrhundert"


Seine Generalsekretärin greift die Union offen an. "Es ist schon bezeichnend, dass ausgerechnet Volker Kauder, der Frauen ja gerne Weinerlichkeit vorwirft und die Quote eigentlich ablehnt, jetzt beim Thema gerechte Bezahlung für Frauen auf die Bremse tritt", sagt Yasmin Fahimi. "Diese Art von Macho-Politik passt nicht mehr ins 21. Jahrhundert."


Die Union möchte den Eindruck vermeiden, als wolle sie das Projekt blockieren. "Das Gesetz zur Entgeltgleichheit von Männern und Frauen ist Teil des Koalitionsvertrages. Die Union setzt den Koalitionsvertrag um. Wir blockieren nichts", heißt es. Aber Kauder und Co. wissen: Der Teufel steckt wie so oft im Detail.

Über wichtige Fragen dürfte noch gerungen werden. Schwesig hätte es am liebsten, wenn jeder Angestellte das Recht bekäme, das Durchschnittsgehalt seiner Kollegen mit vergleichbarer Tätigkeit zu erfragen. Davon hält die Union nichts. Sie will, dass die Transparenzregelung nur für Betriebe ab 500 Mitarbeitern gilt - so, wie es im Koalitionsvertrag angedacht ist. Unklar ist auch, wie die Pflicht zur Entgeltgleichheit kontrolliert und gegebenenfalls sanktioniert wird. Es ist davon auszugehen, dass Schwesig hier einen harten Kurs fahren wird. "Durchschlagskraft hat ein solches Gesetz nur, wenn Betriebe bei Untätigkeit sanktioniert werden", hieß es im Wahlprogramm der Partei.


Schwesig lässt den Streit jetzt auf sich zukommen. Sie sei wenig überrascht davon, dass es Widerstände gegen das Vorhaben gebe. "Auch diese", sagt sie in Richtung der Union, "werden wir überwinden."


Zusammenfassung: Manuela Schwesig will bis Jahresfrist ein Gesetz zur Entgeltgleichheit vorlegen. Die Familienministerin riskiert damit einen Konflikt mit der Union. Doch der kommt ihr gerade recht. Ihre Gesellschafts-Themen sollen der SPD aus dem Umfragetief helfen.






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