mardi 17 mars 2015

Ägyptens neue Hauptstadt: Sisis Luftschlösser


Wenig Zeit? Am Textende gibt's eine Zusammenfassung.




Elf Zeitungen, elf Mal dieselbe Schlagzeile: "Ägypten erwacht", titelten die größten Blätter des Landes am Montag unisono. Diese Einigkeit belegt nicht nur, wie schlecht es um Pressefreiheit und Meinungsvielfalt in Kairo bestellt ist. Die Schlagzeilen zeigen auch die übersteigerten Hoffnungen und Erwartungen, die das Regime von Staatschef Abdel Fattah el-Sisi schürt. Auslöser der Euphorie ist eine internationale Konferenz, bei der am vergangenen Wochenende im Urlaubsort Scharm al-Scheich mehr als tausend internationale Investoren und mehr als 20 ausländische Staats- und Regierungschefs teilnahmen.

Höhepunkt des Treffens war die Ankündigung der ägyptischen Regierung, östlich von Kairo eine neue Hauptstadt zu errichten. Mitten im tristen Niemandsland, auf halbem Wege zwischen Kairo und dem Suezkanal. Auf einer Fläche von 500 Quadratkilometern soll eine am Reißbrett geplante Stadt für fünf Millionen Menschen entstehen.


Die Pläne, die Wohnungsbauminister Mustafa Kamel Madbuli vorstellte, verheißen eine saubere Stadt mit Parks und Grünflächen und jede Menge fußgängerfreundliche Straßen. Also ganz anders als der schmutzige, staubige Moloch Kairo mit seinen etwa 20 Millionen Einwohnern, die an den meisten Tagen des Jahres unter einer dichten Smogglocke leben müssen.


Doch ob Sisis kühne Träume jemals Wirklichkeit werden, ist offen. Schon die Schätzungen für die Kosten des Megaprojekts gehen weit auseinander. Einige Regierungsstellen sprechen von 45 Milliarden US-Dollar, andere von bis zu 80 Milliarden. Woher das Geld kommen soll, ist unklar.


Die Golfstaaten Saudi-Arabien, Kuwait und die Vereinigten Arabischen Emirate, die Sisi bei seinem rücksichtlosen Vorgehen gegen die Muslimbrüder in Ägypten unterstützen, wollen jeweils vier Milliarden US-Dollar zuschießen. Unternehmen aus den Emiraten sind es auch, die einen Großteil der Bauarbeiten für die neue Hauptstadt durchführen sollen. Ohne lästige Ausschreibungen seien viele Verträge und Absichtserklärungen bereits unterschrieben worden, hieß es am Rande der Konferenz in Scharm al-Scheich.


Die Pläne für die neue Hauptstadt schmiedeten Sisi und seine Berater im Geheimen. Ein Parlament, das vorher hätte konsultiert werden können, gibt es derzeit ohnehin nicht. Das Verfassungsgericht hatte die Wahlen 2012, bei denen die Partei der Muslimbrüder stärkste Kraft wurden, für ungültig erklärt und das Repräsentantenhaus daher aufgelöst.


Euphorie bei Ägyptens Medien


Korruption und Geldverschwendung sind damit Tür und Tor geöffnet. Am meisten profitieren wird davon das ägyptische Militär, auf das der ehemalige Feldmarschall Sisi seine Macht stützt und das große Teile der Wirtschaft kontrolliert.


In den ägyptischen Medien ist die Euphorie über Sisis Pläne trotzdem groß - und das nicht nur, weil sie dem Staatschef eh treu ergeben sind. Der Präsident gibt den Ägyptern den Glauben an eine bessere Zukunft zurück, an ein Ägypten, das wieder zur wichtigsten Kraft in der arabischen Welt aufsteigt.


Dabei ist das Land davon weit entfernt: Viel mehr macht sich Kairo immer abhängiger von den Finanzhilfen der Golfmonarchien. Wenn diese aber wegen des niedrigen Ölpreises zurückgefahren werden, drohen die Träume der Ägypter zu platzen.


Hinzu kommt: Am Stadtrand von Kairo sind in den vergangenen Jahren bereits mehrere Satellitenstädte entstanden, die am Reißbrett entworfen wurden. Nur zogen viele Bewohner bald wieder enttäuscht weg, weil die aus Kairo gewohnte Infrastruktur fehlte - allen voran die privaten Müllsammler, die in der Hauptstadt für die Abfallentsorgung verantwortlich sind.


Vorerst ist nur wenig Kritik an Sisis Plänen zu hören. Der Kairoer Wissenschaftler Khaled Fahmy wies daraufhin, dass mit dem Geld für die neue Hauptstadt besser die bestehenden Probleme in Ägyptens Metropolen gelöst werden sollten, in denen gut zwei Drittel der 90 Millionen Ägypter leben. "Wir könnten ihnen das bieten, was ihnen seit 50 Jahren verweigert wird: Trinkwasser, Gesundheitsversorgung, saubere Luft und viel mehr", so Fahmy.

In den großen ägyptischen Zeitungen ist für kritische Töne kein Platz. Dort heben die Kommentatoren lieber hervor, das in der neuen Hauptstadt ein Freizeitpark entstehen soll, der viermal größer ist als Disneyland in den USA.


Einen Namen hat die künftige Hauptstadt noch nicht. Der Arbeitstitel lautet "Capital Cairo" Wohl kein Zufall ist, dass diese Bezeichnung auf Englisch mit CC abgekürzt wird. Ausgesprochen klingt das so: Sisi.




Zusammenfassung: Östlich von Kairo will Ägyptens Staatschef eine neue Hauptstadt bauen lassen. Woher das Geld dafür kommen soll, ist unklar - die Baukosten werden auf 45 bis 80 Milliarden Dollar geschätzt.






Share this post
  • Share to Facebook
  • Share to Twitter
  • Share to Google+
  • Share to Stumble Upon
  • Share to Evernote
  • Share to Blogger
  • Share to Email
  • Share to Yahoo Messenger
  • More...

0 commentaires:

Enregistrer un commentaire