mercredi 25 février 2015

Steuer-Ermittlungen - «Es stinkt im Großherzogtum»


In den deutschen TV-Nachrichten sind derzeit wieder idyllische Landschaftsaufnahmen von Luxemburg zu sehen. Doch mit lauschiger Stimmung haben die Berichte, die auf Recherchen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR zurückgehen, nichts zu tun: Stattdessen ist erneut von schmutzigen Geldern, Steuerhinterziehung und Briefkastenfirmen die Rede – wie schon bei den beiden Affären LuxLeaks und Swissleaks. «Es stinkt», schreibt die SZ über die geheimen Geldkanäle im Großherzogtum. Tausende Steuerflüchtlinge aus aller Welt sollen in den vergangenen zehn Jahren bei Banken, Vermögensverwaltern und Anwaltskanzleien in Luxemburg ein offenes Ohr gefunden haben, um ihr Vermögen an exotischen Schauplätzen vor dem Fiskus zu verstecken.



Im Mittelpunkt der Affäre steht das führende deutsche Finanzinstitut Commerzbank. Deren Luxemburger Tochter soll «jahrelang systematisch Beihilfe zur Steuerhinterziehung» geleistet haben, so die SZ. Strafverfolger und Fahnder wurden am Dienstag unter anderem in der Zentrale des Dax-Konzerns in Frankfurt vorstellig. Auch im Raum Trier schlugen die Fahnder zu und durchsuchten Wohnungen von Mitarbeitern luxemburgischer Finanzdienstleister. Die Commerzbank selbst versprach eine «umfassende Aufklärung» und sicherte den Behörden eine aktive Unterstützung zu. Das Ermittlungsverfahren beziehe sich auf Altfälle, die zehn Jahre und länger zurücklägen, sagte ein Sprecher. Seit 2007 hätte die Commerzbank International in Luxemburg «schon die bloße Weiterleitung von Kundenanfragen» an Anbieter von Briefkastenfirmen «grundsätzlich untersagt».


«Keine politische Einflussnahme»


In den Fokus der Kritik rückt erneut auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Er soll «das System der Steuererleichterungen als Finanz- und Premierminister Luxemburgs über Jahre mitgetragen haben», so der NDR. Aber auch die Behörden im Großherzogtum ernten Kritik. Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) spricht von einem mangelnden Aufklärungswillen in Luxemburg: Eine Kooperation mit den deutschen Strafverfolgern sei vom Großherzogtum erkennbar «politisch nicht gewollt». So sei ein Rechtshilfeersuchen aus Deutschland in einem Verfahren gegen einen Finanzdienstleister in Luxemburg Ende vergangenen Jahres vom Großherzogtum abgelehnt worden.


Der Luxemburger Generalstaatsanwalt Jeannot Nies bestätigt dies auch auf Anfrage der SZ. Das Gesuch der Staatsanwaltschaft in Köln, das übrigens am Höhepunkte der Luxleaks-Affäre im November 2014 eintraf, sei jedoch «nicht vollständig» gewesen. Im Übrigen gebe es im hiesigen Rechtsverständnis einen großen Unterschied zwischen Steuerbetrug und Steuerhinterziehung, wird Nies zitiert. «Es ging nicht aus dem Ersuchen hervor, dass gegen einzelne Personen, Begünstigte von zwischengeschalteten Gesellschaften, aufgrund von Steuerbetrug ermittelt wurde beziehungsweise dieser Tatumstand hätte angenommen werden können». Man werde den Fall jedoch neu prüfen, sollten die deutschen Behörden neue Erkenntnisse liefern, so Nies.


Politische Einflussnahme, wie von Walter-Borjans unterstellt, streitet der «Premier avocat général» in einem Communiqué vehement ab. In einem Telefonat mit Sachbearbeitern in Köln sei jedoch die Möglichkeit erörtert worden, Zusatzersuchen zu «spezifischen Personen nachzureichen, für welche ein Steuerbetrug augenscheinlich wäre». Dann stünde «einer Ausführung dieser Ersuchen nichts im Weg».


Mit der Vergangenheit leben


Verwunderung über die schweren Anschuldigungen aus Nordrhein-Westfalen herrscht auch im Luxemburger Finanzministerium. «Der Vorwurf einer politischen Einflussnahme entspricht absolut nicht der Wahrheit», sagt Bob Kieffer, Pressesprecher von Minister Pierre Gramegna (DP). Es gebe eine strikte Gewaltenteilung in Luxemburg. Man werde sich noch überlegen, ob und wie man auf diese Aussage reagiere. Das Großherzogtum führe «sehr gute Beziehungen» zu Nachbar Deutschland, die unter den mutmaßlichen Steuerskandalen auch nicht gelitten hätten, so Kieffer: «Die Politik sieht die Sachlage nuancierter als manche Zeitung». Im Übrigen hätten viele Banken die Praxis, Gelder von Kunden in Offshore-Konten zu parken, schon länger eingestellt. Hinzu kommt der automatische Informationsaustausch über die EU-Zinsrichtlinie, den Luxemburg seit Anfang Januar umsetzt. Die Luxemburger Regierung sei sich jedoch bewusst, dass «wir mit den Vorwürfen zur Vergangenheit unseres Landes leben müssen».


(Jörg Tschürtz/L'essentiel)






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