jeudi 2 avril 2015

Wahlkampf in Großbritannien: Sechs gegen David


Wenig Zeit? Am Textende gibt's eine Zusammenfassung.




Diese ganze Geschichte nervte ihn. Eigentlich wollte er nicht hier sein. Man konnte David Cameron ansehen, dass er diesen Abend lieber unter walisischen Schafbauern verbracht hätte als im Studio von itv. Stattdessen stand er an einem silbrigen Stehpult, neben sich sechs weitere Parteichefs, und musste erklären, warum er Premierminister bleiben will. Allein die Tatsache, dass die Debatte in dieser Konstellation zustande kam, ist bezeichnend. Neben Cameron, der für die Konservativen auftrat, waren außerdem die Vorsitzenden von Labour, den Grünen, den Liberaldemokraten, von Ukip, der walisischen Partei Plaid Cymru und der Schottischen Nationalpartei (SNP) eingeladen. Noch vor wenigen Jahren wäre das undenkbar gewesen - eine Fernsehshow mit sieben Kontrahenten. Das politische System Großbritanniens ist für zwei Parteien ausgelegt, Labour und Tories, nicht für ein halbes Dutzend.

Gerade deshalb wurde es ein interessanter Abend. Die vorherrschende rhetorische Strategie war die Distanzierung. Nick Clegg, Parteichef der Liberalen, rückte derart schnell von Cameron ab, dass man dachte, die beiden hätten in den vergangenen fünf Jahren keine Regierung zusammen geführt, sondern einen Boxclub. Die SNP-Vorsitzende Nicola Sturgeon distanzierte sich von Ed Miliband, dem Labour-Chef, obwohl sie womöglich nach der Wahl am 7. Mai zusammenarbeiten müssen. Nigel Farage, der Anführer von Ukip, distanzierte sich von allen.


Selten zuvor hatten die Briten eine derart große Auswahl im politischen Spektrum. Es reicht von weit rechts (Ukip) bis ziemlich links (Grüne) und deckt dazwischen fast alle Nuancen ab. Farage warnte von seinem Stehpult aus vor Einwanderern, die angeblich HIV nach England einschleppen, sowie vor Angela Merkel, die Europa dominiere. Nicola Sturgeon plädierte dafür, den Wohlfahrtsstaat auszubauen, Atomwaffen aus Schottland abzuziehen und mehr Geld auszugeben, und wagte sich mit ihrer Anti-Sparpolitik weiter vor als der Labour-Chef.


Ed Miliband und David Cameron argumentierten dagegen beide für einen ausgeglichenen Haushalt, Einschnitte im Sozialsystem und den Erhalt des Gesundheitswesens. Die beiden Vorsitzenden der Großparteien wirkten zwischen ihren neuen, unbequemen Konkurrenten fast unoriginell und austauschbar. Miliband versuchte immer verzweifelter, Cameron zu einem Zweikampf herauszufordern, um wenigstens ein bisschen Streit zu simulieren. "David, du hast Großbritannien in Europa isoliert", rief er. Cameron aber stand still am Stehpult. Vielleicht machte er Pläne für Ostern.


Es war der Abend der kleinen Parteien, seit Jahren prägen sie Großbritannien. Die SNP brachte die Insel mit ihrem Schottland-Referendum im Herbst an den Rand der inneren Spaltung, die Rechtspopulisten von Ukip treiben Cameron und seine Konservativen seit Jahren vor sich her. Selbst die Grünen, die bislang keine Rolle spielten, spüren in Umfragen seit Kurzem Aufwind. Die politischen Gewissheiten verschieben sich, auch deshalb ist diese Wahl so spannend wie kaum eine Parlamentswahl zuvor.


David Cameron reklamierte für sich, das Land aus der tiefsten Rezession seit der Nachkriegszeit geführt zu haben. Zwei Millionen Jobs habe seine Regierung geschaffen, sagte er. Allerdings profitiert seine Partei von dem Aufschwung bislang nicht. Die Umfragen sehen die Tories gleichauf mit Labour. Weder Cameron noch Miliband können mit einer Mehrheit rechnen, es könnte also erneut auf eine Koalition hinauslaufen. Oder auf eine Labour-Minderheitsregierung, die von der SNP toleriert wird.

"Sie können für dieselben Parteien, dieselbe Politik wie bisher stimmen. Oder sie entscheiden sich diesmal für etwas Besseres, Progressiveres", sagte Nicola Sturgeon, die SNP-Chefin. Sie lächelte wie eine Sonnenkönigin. Die Umfragen trauen ihrer Partei zwischen 40 und 50 Parlamentssitze zu, vielleicht hilft sie Miliband in die Downing Street.


Miliband versuchte es noch einmal. "David, du hast nichts gegen die Steuerparadiese getan oder die Hedge-Fonds." Keine Reaktion. Eine Blitzumfrage im Anschluss ergab keinen klaren Sieger.




Zusammengefasst: Die Spitzenkandidaten der sieben größten britischen Parteien haben sich einer TV-Debatte gestellt. Premier David Cameron und Labour-Chef Ed Miliband blieben blass, stattdessen sorgten die Vertreter der kleinen Parteien für eine spannende Diskussion. Sie könnten auch nach der Wahl am 7. Mai darüber entscheiden, wer in Großbritannien künftig regiert.




Share this post
  • Share to Facebook
  • Share to Twitter
  • Share to Google+
  • Share to Stumble Upon
  • Share to Evernote
  • Share to Blogger
  • Share to Email
  • Share to Yahoo Messenger
  • More...

0 commentaires:

Enregistrer un commentaire