jeudi 16 avril 2015

Russlands Präsident im TV-Marathon: Putins Wahrheiten


Fokus des Tages: Lag beim traditionellen TV-Frage-und-Antwort-Marathon - anders als vor einem Jahr nach dem Anschluss der Krim - nicht mehr auf der Außenpolitik. Die meisten Fragen beschäftigten sich mit der angespannten Wirtschaftslage. Wladimir Putin zeigte sich überzeugt, dass Russland das Schlimmste hinter sich habe. Die Wirtschaft werde schnell wieder in Gang kommen, so der Präsident: "In zwei Jahren, vielleicht weniger". Die "vaterländischen Banken" hätten im vergangenen Jahr eine "positive Dynamik" gezeigt. Das stimmt zwar nicht, hört sich aber gut an.


In Wahrheit brauchten Ende 2014 mehre Banken dringend Staatsgelder. Um eine Anlegerpanik zu verhindern, wurde die Trust-Bank Ende Dezember mit zwei Milliarden Euro gerettet. Das Geldinstitut war beliebt bei vielen Kleinsparern, die Bank hatte Werbung mit Hollywoodstar Bruce Willis gemacht. Der Staatsbank VTB - Nummer zwei im Markt - sprang der Kreml Ende Dezember mit 1,5 Milliarden Euro bei. Seit 2013 hat die Zentralbank mehr als hundert Banken die Lizenz entzogen, vielen wegen des Verdachts auf Geldwäsche.

Wie blickt Putin auf die Sanktionen des Westens? Demonstrativ lässig: "Wir müssen sie als Chance nutzen, um ein neues Level der Entwicklung zu erreichen". Mit einem schnellen Ende der Strafmaßnahmen sei auch nicht zu rechnen. Es handele sich dabei um "eine strategische Entscheidung unserer Partner: Sie wollen unsere Entwicklung eindämmen".


Putin im TV-Studio: Jedes Jahr die gleiche große ShowZur Großansicht

DPA


Putin im TV-Studio: Jedes Jahr die gleiche große Show




Showdown des Tages: Ereignete sich gleich zu Beginn der Sendung und war viel zu schnell vorbei. Die Regie hatte auch den 2011 gefeuerten ehemaligen Finanzminister Alexej Kudrin ins Publikum gesetzt. Der Wirtschaftsliberale lieferte sich mit dem Präsidenten eine Mini-Grundsatzdebatte über Russlands - seiner Meinung nach verfehlte - Wirtschaftspolitik. In Putins erster Amtszeit habe der Ölpreis bei nur 30 Dollar gelegen, das Wachstum aber bei sieben Prozent. Inzwischen liege der Barrelpreis bei 60 Dollar, die Wirtschaft werde bis 2017 aber nur um 1,5 Prozent wachsen. "Sie haben von Korrekturen gesprochen. Mit ein paar Korrekturen wird man die Situation aber nicht geradebiegen", warnte Kudrin. "Das alte Wachstumsmodell hat sich überlebt, und ein neues ist bislang nicht zu sehen."

Putin antwortete seinem langjährigen Weggefährten freundlich, aber auch scharf. Kudrin habe selbst lange die Politik mitgestaltet, "wenn wir etwas nicht vorhergesehen haben, dann ist das auch Ihre Schuld". Der Präsident warf Kudrin kalte Kürzungsvorschläge vor. Man müsse aber "auch Herz haben und wissen, wie der einfache Mann lebt".


Putin im Fragemarathon: "Auch Herz haben" Zur Großansicht

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Putin im Fragemarathon: "Auch Herz haben"




Déjà-vu des Tages: Schon 2013 war das Duell Kudrin-Putin das Highlight des TV-Marathons. Der Kreml-Chef brüstete sich damals mit rasend schnellen Erhöhungen der russischen Gehälter. Sein Ex-Minister sagte daraufhin durch die Blume, der Präsident verstehe nichts von Wirtschaft: Erst müsse die Arbeitsproduktivität wachsen, dann die Einkommen.

Zwei Jahre später gab Putin Kudrin Recht - natürlich, ohne dessen Namen dabei zu nennen. Leider seien die realen Einkommen in Russland im vergangenen Jahr zum ersten Mal gesunken: "Eine unausweichliche Korrektur", sagte der Präsident am Donnerstag. Schließlich habe ja das Gehaltswachstum die Produktivität überholt.


Putins Position zur Ukraine: Klang in jedem zweiten Satz anders. Mal nannte Putin die Ukraine einen "selbstständigen und souveränen Staat". Dann wieder reklamierte er für Moskau das Recht, für "Russen" in der Ostukraine einzutreten. Einerseits wolle man dem Brudervolk "nichts aufdrängen". Andererseits sei es allein Sache der Menschen in der Ostukraine, zu entscheiden, "mit wem sie leben wollen". Ansonsten sagte der Präsident "geradeheraus: In der Ukraine gibt es keine russischen Truppen". Dabei gibt es dafür immer mehr Beweise.


Ausrede des Tages: Warum wohl die Top-Manager der als korruptionsverseucht geltenden Staatskonzerne ihre Gehälter nicht veröffentlichen müssen, wurde er gefragt? Die erstaunliche Antwort: Schuld sind "Ausländer im Management", sagte Putin. Die könne man nicht zur Offenlegung zwingen. Dabei werden alle russischen Staatskonzerne von Russen gelenkt. Ansonsten präsentierte Putin Washington als Feindbild Nummer eins: "Die USA wollen keine Partner, sondern Vasallen".

Exot der Stunde: Heißt John Kopiski und stammt aus Großbritannien, wurde 1997 aber in Russland als Bauer sesshaft. Außer mit seinem Rauschebart beeindruckte Kopiski vor allem mit kessen Fragen. Es ging um die angeblichen Erfolgsmeldungen der russischen Landwirtschaft, die an Kopiski offenbar vorbeigegangen sein müssen ("Ich mache seit 15 Jahren keinen Gewinn"). Jedenfalls fragte Kopiski: "Glauben Sie den Statistiken, die man Ihnen gibt. Oder lügen Sie, weil man Angst davor hat, Ihnen die Wahrheit zu sagen?"


Mikromanager der Nation: Die Russen vertrauen Putin offenkundig nicht nur als Staatenlenker, sondern auch in Alltagsnöten: Eine Dame namens Elena bat Putin, beim Gatten Boris ein gutes Wort für den Kauf eines Hundes einzulegen. Der sträube sich (der Ehemann). "Boris, bitte, sei so gut", sagte Putin, "erlaube deiner Frau, einen Hund zu kaufen. Das ist eine gute Sache und stärkt die Familie".


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