jeudi 2 avril 2015

Atomvereinbarung mit Iran: Gefangene ihres Kompromisses


Sie haben tagelang gerungen, immer wieder die Verhandlungen unterbrochen, dafür die Frist überschritten. Am Ende vereinbarten die fünf Vetomächte in der Uno, Deutschland und Iran einen Rahmenvertrag für einen Kompromiss, mit dem Teheran sein Atomprogramm einer Kontrolle für die nächsten zehn Jahre unterzieht.


Das ist gut so. Schließlich ging es um viel. Pathetisch gesprochen: Um Frieden oder Krieg. Auch deshalb wurde so lange miteinander gesprochen, auch deshalb hat sich Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) seit Sonntag in Lausanne aufgehalten.

Am Ende obsiegte die Einsicht unter den Kompromissbereiten in Teheran, dass mit dem US-Präsidenten Barack Obama die womöglich letzte Chance besteht, sich auf einen Deal über eine zivile Nutzung des Atomprogramms zu einigen. Viel Zeit blieb nicht. Obamas Amtszeit läuft Ende 2016 ab. Und wer weiß, ob ihm nicht ein Mann (oder eine Frau) härterer Gangart im Weißen Haus nachfolgt. In der Schweiz stand auch immer unausgesprochen die Drohung im Raum, dass Iran eines Tages mit einem israelischen Militärschlag gegen seine Atomanlagen rechnen musste.


Der Vertrag soll bis Ende Juni, Anfang Juli in eine Endfassung gebracht werden, manche Details müssen bis dahin noch geklärt werden. Erst dann wird sich zeigen, ob auch der nächste Schritt - sozusagen Lausanne plus - gelungen ist. Fest steht schon jetzt: Vor allem Barack Obama und Irans Präsident Hassan Rohani sind nun - im positiven Sinne - Gefangene ihres Kompromisses: Beide müssen die Schwankenden überzeugen und die Hardliner in ihren Ländern in Schach halten. In Iran gibt es nicht wenige in Politik und unter den Religiösen, die unbeirrt lieber den Weg Nordkoreas gehen würden - atomar bewaffnet, scheinbar unantastbar. In den USA wiederum gibt es Stimmen, die mit noch härteren Sanktionen oder gar einem Militärschlag drohen.


Es ist ein Wagnis, das Obama und Rohani jetzt eingehen.


Immerhin, in Lausanne wurde ein neues Kapitel aufgeschlagen: Nichts ist in den amerikanisch-iranischen Beziehungen normal, seitdem in Teheran 1979 die Ajatollahs die Macht übernahmen und seitdem von ultrakonservativen Klerikalen der Ruf nach einer Auslöschung Israels und verbale Angriffe gegen die USA zum ideologischen Standardrepertoire gehören.


Jetzt könnte nach fast vier Jahrzehnten der Eiszeit die Stunde pragmatischer Politik schlagen. Für Iran bietet sich die Möglichkeit, sein Atomprogramm zivil zu nutzen und zugleich mit der angekündigten, raschen Aufhebung der Sanktionen (Uno, EU und USA) die Wirtschaft anzukurbeln, seine Bevölkerung eine Perspektive zu bieten. Für die USA bieten sich Chancen, indem sie mit Iran langfristig zumindest versuchen, die instabile Region stabiler zu machen. Und auch das stimmt: Westliche Firmen könnten langfristig zu den Profiteuren einer Normalisierung zählen, zumal auf Seiten deutscher Konzerne - ihre Geschäftsbeziehungen zum Iran waren traditionell gut.


Obama wiederum muss im langsam anlaufenden Wahlkampf die Amerikaner davon überzeugen, dass die Alternative zur angestrebten Regelung eben nicht mehr, sondern noch weniger Sicherheit in einer ohnehin chaotisch wirkenden Welt wäre. Und dass die Kontrollen wirksam sein werden. Der Preis einer Nicht-Einigung ist oft beschrieben worden: In Iran würde der Druck der Hardliner steigen, sich die Atomwaffen schneller zu erschaffen, auch unter dem unkalkulierbaren Risiko eines israelischen, von den USA mitgeführten oder zumindest geduldeten Militärschlags.


Schließlich sind da noch die sunnitischen, arabischen Nachbarstaaten. Das Beispiel des umkämpften Jemen zeigt: Sie fürchten nichts mehr als einen atomar bewaffneten schiitischen Rivalen. Saudi-Arabien würde sich im Falle eines atomar bewaffneten Iran der Hilfe des Nuklearwaffen-Besitzers Pakistan versichern und womöglich eine eigene Bombe besorgen. Am Ende stünde ein regionales Wettrüsten, mit der Gefahr eines nuklearen Krieges. Religiös motivierte, irrationale Akteure in der Region gibt es zuhauf.

Eines ist gewiss: Die schärfsten Kritiker im Westen - in den USA und in Israel - werden Obama wohl auch diesmal naiv nennen, nicht nur, weil sie Iran als Feind in ihr politisches Denken eingepreist haben. Sondern auch, weil sie Teheran grundsätzlich nicht über den Weg trauen. Unrecht haben sie damit ja nicht. Denn auch für die, die diesen Kompromiss begrüßen, gilt: Teheran muss erst noch beweisen, dass es den Vertrauensvorschuss verdient, der ihm in Lausanne zugebilligt wurde.


Doch was wäre die Alternative?


Der Atomkonflikt mit Iran im Überblick:







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