jeudi 2 avril 2015

Atomabkommen von Lausanne: Iran bekommt die Chance für einen Neuanfang


Wenig Zeit? Am Textende gibt's eine Zusammenfassung.




Es waren Szenen wie nach einem gewonnenen Fußballspiel: Jubelnde Menschen strömten mitten in der Nacht auf die Straßen und fielen sich in die Arme, Autofahrer stimmten ein Hupkonzert an. Hunderte Iraner versammelten sich vor dem Außenministerium in Teheran. Der Mann, den sie wie einen Helden bejubelten, ist kein Stürmerstar, sondern ein 55-jähriger Diplomat mit weißen Haaren: Außenminister Mohammad Javad Zarif. Er hat die iranischen Verhandlungen mit den fünf Uno-Vetomächten und Deutschland in Lausanne geleitet, er hat den Rahmenvertrag für eine Lösung des seit Jahren schwelenden Atomkonflikts ausgehandelt.

Dafür ist Zarif den USA und den anderen Verhandlungspartnern weit entgegengekommen.



  • Iran verpflichtet sich, zwei Drittel seiner Uranzentrifugen abzubauen. Gegenwärtig hat Iran mehr als 19.000 Zentrifugen in Betrieb, künftig werden es nur noch 6000 sein. Das bedeutet, dass das Nuklearprogramm deutlich verlangsamt wird.



  • Iran sagt zu, Uran nur noch bis zu einem Anreicherungsgrad von 3,67 Prozent anzureichern. Für eine Atombombe bräuchte das Land Uran, das auf 90 Prozent angereichert ist.



  • Iran gibt 97 Prozent seines Vorrats an schwach angereichertem Uran auf. Heute besitzt das Land 10.000 Kilogramm, laut dem Vertrag von Lausanne werden es nur noch 300 Kilogramm sein.



  • Iran gewährt den Kontrolleuren der Internationalen Atomenergie-Agentur (IAEA) Zugang zu deutlich mehr Einrichtungen als zuvor, dazu gehören auch Uranminen und Zentrifugenfabriken. Für Iran wird es dadurch deutlich schwerer, im Geheimen ein militärisches Nuklearprogramm voranzutreiben.


Im Gegenzug kann Außenminister Zarif den Iranern folgende Punkte als Verhandlungserfolg verkaufen:



  • Iran darf all seine Nuklearanlagen in Betrieb lassen, auch jene, die das Regime einst im Verborgenen errichtet hatte und die tief unter der Erde vor Luftangriffen geschützt sind. Diese Anlagen werden nun aber von internationalen Inspektoren kontrolliert, eignen sich also nicht mehr für ein mögliches geheimes militärisches Atomprogramm.



  • USA und EU verpflichten sich, ihre das Nuklearprogramm betreffenden Sanktionen aufzuheben, sobald die IAEA fest stellt, dass Iran seine Versprechen erfüllt hat. Gleiches gilt für die Uno-Sanktionen gegen Teheran.


Das ist weniger als das Regime ursprünglich gewollt hatte. Irans oberster politischer und religiöser Führer, Ayatollah Khamenei, hatte die sofortige Aufhebung der Sanktionen gefordert. Zumindest die klare Perspektive für ein Ende der Strafmaßnahmen hat Teheran nun bekommen.


Ausländische Unternehmen stehen Schlange


Das bietet der Islamischen Republik die Chance für einen Neuanfang in den Beziehungen zu den USA und Europa. Wenn es dem Regime ernst ist, und Iran wirklich - wie immer beteuert - nicht nach Atomwaffen strebt, kann es das nun beweisen und dafür belohnt werden.


Ausländische Unternehmen, die im Land investieren wollen, stehen Schlange. Nicht nur im Öl- und Gassektor, auch im Transportwesen hat Iran erheblichen Modernisierungsbedarf. Wegen der Sanktionen hat Iran eine der ältesten Flugzeugflotten der Welt, Airbus und Boeing haben bereits ihr Interesse bekundet, IranAir mit neuen Maschinen auszurüsten. Iran hat zudem den zehntgrößten Markt für Autos und Lastwagen, auch hier sind europäische Unternehmen bereits in Teheran vorstellig geworden. Schweizer Banken, die nicht den EU-Finanzsanktionen gegen Iran unterliegen, haben bereits ihre Hilfe für die schnelle Abwicklung von Geschäften angekündigt.


Bis zur Aufhebung der ersten Sanktionen könnten Monate, wenn nicht Jahre vergehen. Der genaue Zeitplan hierfür gehört zu den Punkten, die im Abschlussabkommen bis Ende Juni ausgehandelt werden sollen.


Es ist kein Zufall, dass der Jubel über die Einigung von Lausanne im Norden Teherans besonders groß ist. In den Stadtteilen an den Hängen der Alborz-Berge lebt die iranische Oberschicht. Die Menschen hier hoffen besonders darauf, von dem Ende des Atomkonflikts und der Aufhebung der Sanktionen zu profitieren.


Ohne Khamenei geht nichts


Für die meisten wohlhabenden Iraner ist das Nuklearprogramm nie eine Frage der nationalen Ehre gewesen, zu der sie das Regime erklärt hatte. Ob der Strom aus ihrer Steckdose von einem Windrad, einen Kohlekraftwerk oder einem Atommeiler erzeugt wurde, ist ihnen herzlich egal. Die gut ausgebildeten, städtischen Iraner wollen in erster Linie, dass sich ihr Land nach Westen öffnet.


Hassan Rohani hat damit knapp zwei Jahre nach seiner Wahl zum Präsidenten sein größtes Wahlkampfversprechen eingelöst. Nun hat er bis zur nächsten Wahl weitere zwei Jahre Zeit, dafür zu sorgen, dass seine Kompromissbereitschaft zu einer verbesserten Wirtschaftslage führt, von der nicht nur die ohnehin schon wohlhabenden Iraner profitieren.

Das liegt aber nicht allein in seiner Hand. Große Teile des Nuklearprogramms werden von den Pasdaran, den Revolutionswächtern, kontrolliert. Diese paramilitärische Organisation wird direkt von Ayatollah Khamenei befehligt. Ohne Kooperation der Pasdaran wird Rohani seinen Teil des Abkommens nicht umsetzen können.


Khamenei hat sich bislang nicht öffentlich zu der Vereinbarung von Lausanne geäußert. Dafür hat Hossein Shariatmadari, Chefredakteur der Zeitung "Keyhan" und Vertrauter des Revolutionsführers, bereits deutliche Kritik geübt. Er sagte über das Abkommen: "Wir haben ihnen ein gesatteltes Pferd gegeben und ein paar zerfledderte Zügel bekommen."




Zusammengefasst: Mit dem Abschluss eines Rahmenvertrags über das iranische Atomprogramm hat Irans Präsident Hassan Rohani sein wichtigstes Wahlkampfversprechen erfüllt. Wenn Teheran seinen Verpflichtungen nachkommt, kann sich die Wirtschaft für den Westen öffnen. Doch das geht nur, wenn Irans Oberster Führer, Ayatollah Ali Khamenei, den Kurs der Regierung mitträgt. Skepsis ist weiter angebracht. Der Atomkonflikt mit Iran im Überblick:





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