dimanche 5 avril 2015

Angriffe auf Flüchtlingsheime: Die Botschaft lautet Hass


Es wird gehetzt in Deutschland: auf Bürgerversammlungen, wie in Tröglitz: "Für die Ausländer wird viel Geld ausgegeben. Aber für uns nichts. Die kriegen die Wohnung hergerichtet von A bis Z. Jeden Scheiß", rief dort einer. Auf der Straße, wie bei Pegida in Dresden: "Die Leute kommen doch hierher, weil sie sich in die soziale Hängematte legen, hier umsonst auf Staatskosten leben wollen", pöbelte ein Demonstrant.


Oder im Internet auch auf der Facebook-Seite von SPIEGEL ONLINE: "Es langt mit den Asylanten, sind schon viel zu viele hier", schrieb einer, nachdem der Brand in der geplanten Flüchtlingsunterkunft in Tröglitz bekannt wurde. Sein Post wurde gelöscht, jegliche rechte Pöbeleien haben dort keinen Platz (Mehr dazu lesen Sie hier).

Beispiele, die zeigen, wie selbstverständlich diese Parolen geworden sind, wie sehr sie an vielen Orten bereits Platz eingenommen haben. Tröglitz, in dem Brandstifter ein Wohnhaus anzündeten, in dem 40 Flüchtlinge ab Mai leben sollten, sei ein Ausnahmefall, sagen manche. Da komme sehr viel zusammen: ein Ort, der erst Mitte der 1930er als Industriesiedlung aus dem Boden gestampft wurde, dann der Mauerfall, mit dem Arbeitsplätze plötzlich wegbrachen - 4500 Jobs weniger. Viele Tröglitzer haben bis heute keine Arbeit, keine Perspektive, kaum Selbstwertgefühl. Viele Junge sind weggegangen, geblieben sind vor allem die Alten und Schilder, auf denen zu lesen ist: "Wohnungen zu vermieten".


Das mag alles stimmen, auch dass in Tröglitz NPD-Funktionäre umtriebig sind. Doch ein Einzelfall ist der 2700-Einwohner-Ort in Sachsen-Anhalt nicht. Denn dass es soweit kommen konnte, dazu gehört auch ein Klima, das weit über Tröglitz hinaus entstanden ist.

Seit Monaten gibt es bundesweit eine zunehmend aggressive Bewegung gegen die wachsende Zahl der Flüchtlinge in Deutschland. Das zeigt sich an Pegida und ihrer Kampagne gegen die vermeintliche Islamisierung von Sachsen, einem Bundesland, in dem aber gerade einmal 2,5 Prozent Ausländer leben. Das zeigt sich aber auch an Aussagen der AfD, die nach und nach in die Landtage einzieht, und der CSU, die NPD-Parolen wie "Wir sind nicht das Sozialamt der Welt" längst adaptiert haben.


Pöbeleien sind hoffähig geworden und bereiten den Boden für die Attacken gegen Asylbewerberheime und Flüchtlinge. Bereits 2014 waren die Übergriffe laut Bundesregierung wieder deutlich gestiegen. Ein kurzer Blick in die vergangenen Monate bestätigt den Trend (Die ausführliche Liste der Antonio-Amadeo-Stiftung und Pro Asyl finden Sie hier):

  • 3. April 2015: In Wismar, Mecklenburg-Vorpommern, werden zwei Asylbewerber aus Ägypten attackiert -offenbar aus ausländerfeindlichen Motiven. Acht bisher unbekannte Männer rufen nach Angaben der Polizei ausländerfeindliche Parolen, während sie die Flüchtlinge bedrängen.



  • 7. März 2015: In Malterdingen, Baden-Württemberg, setzen Unbekannte die künftige Flüchtlingsunterkunft unter Wasser. Die Täter hatten die Terrassentür des Hauses eingeschlagen, im Obergeschoss drehten sie zwei Wasserhähne auf und schraubten die Abflussrohre ab. Bürgermeister Hartwig Bußhardt vermutet fremdenfeindliche Aspekte. Die Polizei beziffert den Schaden auf mehrere Zehntausend Euro.



  • 9. Februar 2015: In Escheburg in Schleswig-Holstein wird ein brennender Benzinkanister in ein Zweifamilienhaus geworfen, in das an dem Tag sechs Flüchtlinge aus den Irak einziehen sollten. Verletzt wurde niemand, das Haus stand noch leer. Ein 38-Jähriger, der mit Frau und Tochter direkt nebenan wohnte, legte später ein Geständnis ab. Er muss sich laut "Lübecker Nachrichten" im Mai vor Gericht verantworten. Er hatte sich vor der Tat massiv über die Unterbringung der Flüchtlinge beschwert. Auf Brandstiftung steht eine Gefängnisstrafe von mindestens einem Jahr.
    Geplantes Flüchtlingshaus in EscheburgZur Großansicht

    DPA


    Geplantes Flüchtlingshaus in Escheburg







  • 6. Februar 2015: In Dortmund, Nordrhein-Westfalen, versammelt sich eine Gruppe Rechtsextremer mit Fackeln vor der Flüchtlingsunterkunft in Eving, ruft ausländerfeindliche Parolen. Einige zünden auch Feuerwerkskörper.



  • 16./17. Januar 2015: In Porta Westfalica in Nordrhein-Westfalen wird eine Asylbewerberunterkunft attackiert. Etwa sechs erwachsene Männer beschießen das Gebäude mit sogenannten Paintball-Waffen, wie die Polizei mitteilt. Dabei sollen sie rassistische Parolen gerufen haben.



  • 27. Januar 2015: In Wassenberg/Aachen in Nordrhein-Westfalen werden drei Flüchtlinge aus Nordafrika von sieben Deutschen mit Schlagstöcken angegriffen. Während der Attacke rufen die vermummten Angreifer rassistische Parolen. Eines der Opfer wurde so schwer verletzt, dass er ins Krankenhaus eingeliefert werden muss.
    Besprühte Gebäude in VorraZur Großansicht

    REUTERS


    Besprühte Gebäude in Vorra







  • 12. Dezember 2014: Im mittelfränkischen Vorra in Bayern stecken mutmaßlich rechtsextreme Täter einen umgebauten Gasthof mit Scheune und ein renoviertes Wohnhaus in Brand. Auf ein Nebengebäude sprühen sie eine Neonazi-Parole und zwei Hakenkreuze. Ursprünglich sollten in die Gebäude im Januar rund 70 Flüchtlinge einziehen. Die Unterkünfte müssen saniert werden. Von den Tätern gibt es keine Spur. Für die Aufklärung der Tat haben die Behörden 20.000 Euro Belohnung ausgesetzt.


In Vorra demonstrierten damals 350 Menschen gegen Fremdenhass - in Tröglitz kamen am Samstagabend immerhin 300 Menschen zusammen, um auf einer spontan angemeldeten Kundgebung gegen Fremdenfeindlichkeit zu demonstrieren. Es ist ein spätes Zeichen der Solidarität in der unter Schock stehenden Stadt, doch es reicht nicht aus.


Vielleicht ist die Initiative des nach NPD-Drohungen zurückgetretenen Bürgermeisters Markus Nierth, Asylbewerber in Privatwohnungen unterbringen zu wollen, ein erster Schritt zu einem menschlicheren Umgang.


Zusammenfassung: Das geplante Flüchtlingsheim in Tröglitz, Sachsen-Anhalt, ist angezündet worden. Die Polizei ermittelt wegen schwerer Brandstiftung. Das Mehrfamilienwohnhaus, in dem 40 Asylbewerber ab Mitte Mai untergebracht werden sollten, ist unbewohnbar. Tröglitz ist kein Einzelfall, immer wieder gibt es Attacken auf Flüchtlinge und deren Wohnheime.


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